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Wohnen darf nicht Spekulanten zum Opfer fallen!

Knall auf Fall die Wohnung verlassen müssen und nicht wissen, wann man wieder hineinkann: In Dorstfeld mussten ca. 800 Menschen ihre Wohnungen im Komplex Hannibal II räumen. Sie wurden Ende September von der Stadt evakuiert. Die schnelle Reaktion war notwendig und richtig, denn aufgrund von Brandschutzmängeln bestand eine hohe Brandgefahr. Die Eigentümerin des Hannibal, die Intown GmbH, ist ein Firmengeflecht aus vielen GmbHs und eine Wohnungsspekulantin, die Mieteinnahmen aus dem Gebäude einstreicht, ohne sich ausreichend darum zu kümmern. Sie muss zur Verantwortung gezogen werden.

 

Gravierende Brandschutzmängel

Am 21. September meldete die Stadt überraschend, dass der Hannibal II in Dorstfeld umgehend geräumt werden muss. Grund waren Brandschutzmängel, die nach Hinweisen von Mieter*innen während einer außerordentlichen Begehung des Wohnkomplexes zufällig festgestellt wurden. Um die akute Gefahr von 800 Mieterinnen und Mietern abzuwenden, musste die Stadt handeln und die Bewohner*innen umgehend evakuieren. Auf Anfrage der GRÜNEN Fraktion gab die Stadt auf der Ratssitzung am 28. September einen Sachstandsbericht.

Nach Bericht des Oberbürgermeisters war schnelles Eingreifen der Stadt gefordert: Der riesige Terrassenbau, der aus acht aneinandergereihten Hochhäusern mit 11 bis 17 Stockwerken besteht, weist zwischen Tiefgarage und Wohnungen keine räumliche Trennung auf. Ver- und Entsorgungsschächte gehen in direkter Verbindung nach oben und durch die Wohnräume, abgetrennt nur durch einfache Rigips-Platten. Bei Ausbruch eines Feuers wären alle Wohnungen innerhalb kürzester Zeit verraucht, die Feuerwehr hätte kaum Zeit, Menschen vor Rauchvergiftung oder dem Verbrennen zu retten.

Die Mieter*innen

Die Stadt hat direkt nach der Evakuierung Hilfsangebote für Betroffene organisiert und führt regelmäßige Infoveranstaltungen durch. Auf www.hannibal.dortmund.de finden sich aktuelle Informationen. Nach Einschätzung der Betreiber-Firma Intown Properties dauert die Behebung der Mängel mindestens zwei Jahre. Die ca. 800 betroffenen Mieterinnen und Mieter werden bis dahin nicht in ihre Wohnungen zurückgehen können. Noch sind die meisten von ihnen provisorisch bei Familie und Freunden untergebracht. Einige leben weiterhin in Flüchtlingsunterkünften. Nur wenige konnten bisher in neuen Wohnungen unterkommen. Wer schon jetzt die Entscheidung getroffen hat, nicht mehr zurückzugehen, muss sich jetzt auf die Suche nach einer bezahlbaren Ersatzwohnung machen. Nicht so einfach auf einem Wohnungsmarkt, der auch in Dortmund mittlerweile deutlich angezogen hat. Der Fall Hannibal II zeigt also auch, wie dringend sozialer Wohnraum benötigt wird. Über die Hälfte der Mieter*innen beziehen Sozialleistungen.

Die bisherigen halbherzigen Angebote der Intown GmbH, die Menschen in eigenen Immobilien in Duisburg oder Gelsenkirchen unterzubringen, helfen niemandem, dessen Kinder in Dortmund zur Schule gehen, oder dessen soziales Netzwerk hier besteht. Um den Druck zu erhöhen, haben wir GRÜNEN in einer Aktion angemahnt, dass die Firma den Mieter*innen mindestens Hotelzimmer anmietet, statt sie in Notunterkünften hausen zu lassen. Vielleicht auch in dem Hotelgebäude am Bahnhof, das sich sogar im Eigentum von Intown befindet und an eine – unbeteiligte  – Hotelkette verpachtet ist.

Folge von Immobilienspekulationen

Das städtische Wohnungsbauunternehmen Dortmunder Gemeinnütziges Wohnen GmbH – kurz Dogewo – verkaufte den Hannibal II im Jahr 2004, weil er für die Dogewo nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war. Das kaufende Unternehmen sanierte nicht und ging schnell Pleite, anschließend kam es zur Zwangsversteigerung. Der Wert des Hannibal wurde dabei auf 3,6 Millionen Euro geschätzt, die Sanierungskosten mit 9,2 Millionen Euro veranschlagt. Verkauft wurde das Gebäude für 7 Millionen Euro (!).

Danach wanderte der Hannibal durch die Hände mehrerer Firmen, die die Mieteinnahmen mitnahmen und sich weder groß um die Bedürfnisse der Mieter*innen noch anscheinend um die per Gutachten angemahnte Sanierung – auch beim Brandschutz – kümmerten. So sorgte der Wohnkomplex immer wieder für Schlagzeilen.

Die jetzige Besitzerin Intown GmbH will von Brandschutzmängeln nichts gewusst haben. Doch lag ihr nach umfangreichen Recherchen der Dortmunder Ruhr-Nachrichten bereits beim Kauf ein Gutachten aus dem Jahr 2009 vor, das nachdrücklich eine Brandschutzbegehung empfahl. Dazu kamen zusätzliche Mängel durch ungenehmigte Umbauten, die dadurch entstandene Gefahr wurde aktuell nur durch einen Zufall entdeckt. 

Die Räumung des Hannibal II ist Folge verantwortungsloser Immobilienspekulation, die wir GRÜNEN verurteilen: Rendite geht vor Investition, Mieten werden kassiert, Instandhaltungen immer wieder hinausgeschoben. Den Sanierungsrückstau zeigte auch eine Quartiersanalyse der Stadt aus dem Jahr 2013. Für uns GRÜNE ist klar: Brandschutz darf auf keinen Fall aus Kostengründen vernachlässigt werden, denn gerade bei Hochbauten ist er eine Frage von Leben und Tod vieler Menschen. Vor gerade zweieinhalb Monaten starben bei einem verheerenden Brand in einem Londoner Sozialbau 80 Menschen.

Die Eigentümerin

Nach der Evakuierung war schnell klar: Die Intown GmbH muss als Eigentümerin nach Aussage des städtischen Krisenstabes die Mängel aufnehmen und den Brandschutz wieder herstellen. Doch statt sich verantwortlich zu zeigen, wirft die Besitzerin der Stadt vor, übereilt geräumt zu haben und hat bereits eine Klage eingeleitet. Aus der Sicht der GRÜNEN hat die Verwaltung völlig richtig gehandelt und privates unternehmerisches Nichthandeln öffentlich kompensiert, um die evakuierten Menschen nicht ohne Hilfe zu lassen. Die bisher entstandenen Kosten (z. B. Personalkosten, Sicherheitsdienst, Unterbringung, Transportkosten) werden Gegenstand einer juristischen Auseinandersetzung sein, die Oberbürgermeister Ulrich Sierau in einem offenen Brief angekündigt hat. Fraglich ist, ob die Intown GmbH aufgrund ihrer verschachtelten Subunternehmensstruktur am Ende zahlen wird. Denn es geht nicht nur um die auf ca. 1 Million Euro geschätzten Kosten für die Räumung. Für die ebenfalls dringend notwendige Sanierung kommen weitere Millionen hinzu, die im Konzept des Immobilienhais sicher nicht eingeplant sind. Am 23. Oktober hat die Stadt die „Schlüsselgewalt“ für den Hannibal wieder an Intown übergeben.  Das Unternehmen ist nun zuständig für die notwendigen Sicherungsmaßnahmen. Das uneingeschränkte Nutzungsverbot bleibt bestehen.

Die GRÜNE Ratsfraktion wird sich Anfang des nächsten Jahres in einem kommunalpolitischen Ratschlag ausführlich mit der Wohnsituation in Dortmund beschäftigen.

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