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Thema:  Haushalt + Finanzen Newsletter

Wo spielt eigentlich die Musik? Allzu sorglos gehen SPD und CDU mit dem Haushalt um

„Begleitmusik“ bei gesellschaftlichen Anlässen gilt bei Musikern als undankbare Mucke. Erst sucht der Gastgeber sie sorgfältig aus, zur Feier selbst aber spielen sich die wichtigen Dinge ganz woanders ab. Bei der Haushaltsbegleitkommission scheint es sich auch um so eine Begleitmusik zu handeln. Wie anders ist es sonst zu erklären, dass noch im Dezember letzten Jahres SPD und CDU diese Kommission als Zeichen der neuen Haushaltstransparenz gründeten – und nun Kämmerer Jörg Stüdemann (SPD) das Haushaltsloch erst eine Woche später im Finanzausschuss fand.

Mittwoch, 22. Juni 2011

Wichtige Gremien und Mini-Haushaltssperren

Doch vielleicht lag es auch nur am schwarz-gelben Jubel-Trubel-Heiterkeits-Wochenende: Am 11. Mai tagte die Haushaltsbegleitkommission und alle freuten sich auf das Riesen-Meisterfeierparty-Wochenende am 14. und 15. Mai. Da passten Finanzprobleme nicht zur Stimmung. Am 19. Mai waren alle wieder nüchtern, prompt präsentierte der Kämmerer ein neues Haushaltsloch: Statt geplanten 112 Millionen Euro (!) sollen am Jahresende sogar 154 Millionen Euro zu wenig in den Kassen sein. (Wer es im Detail nachvollziehen möchte, liest den Managementbericht des Kämmerers [ hier der Link zur PDF-Datei ]) Um das 42 Millionen größere Loch zu stopfen, verhängte er eine Haushaltssperre: 2,3 Prozent Rasenmäher-Einsparung über alle Einzelbudgets.
Hätte man das nicht auch schon in der Haushaltsbegleitkommission sagen können? Wohl kaum. Denn mit vollem Namen heißt sie „Kommission Haushaltskonsolidierung“. Und sie soll ein ganz anderes Ziel verfolgen, nämlich 

„die fortlaufende Überwachung und zeitnahe Kontrolle des Fortschritts der politisch und verwaltungsintern angestoßenen Personal-, Organisations- und sonstigen Konsolidierungsprozesse.“

Ein paar Sätze nach diesem „Ziel“ taucht im entsprechenden Ratsbeschluss die „Zielsetzung“(nach klicken des Links bitte auf: Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften -> Niederschrift (öffentlich), 10.12.2010!) auf, als da wäre:

„losgelöst von der Beschlussfassung über den kommunalen Haushalt Ideen und Strategien zu entwickeln, wie der Haushalt der Stadt Dortmund langfristig strukturell ausgeglichen und der Schuldenstand dauerhaft gesenkt werden kann.“

Also: Zielsetzung = kreativ Ideen finden, Ziel = penibel den Kämmerer kontrollieren. Die breitbeinige Quasi-Koalition aus SPD und CDU kann dies locker in einem Absatz schreiben, ohne Widersprüche zu entdecken. Und findet nichts dabei, wenn diesem so schwergewichtigen wie selten tagenden Gremium eine einfache Zwischenbilanz über ein neues Haushaltsloch vorenthalten wird.

Oder bekam der Kämmerer seine Hausaufgaben einfach nicht rechtzeitig fertig und präsentierte die Zahlen deshalb erst im fast ständig tagenden Finanzausschuss? Fakt ist: Ein Loch von 32 Millionen Euro war der Kämmerei schon Ende März bekannt – nämlich die Anhebung der Pensionsrückstellungen um 32 Millionen Euro im Zuge der Erhöhung der Beamtenbesoldungen.

GRÜNE Vorschläge

Doch reiten wir nicht weiter auf dem Spagat zwischen Transparenz-Wollen (Dezember) und Transparenz-Können (Mai) herum. Schauen wir nach vorn. Erinnern :-) wir uns an die Haushaltsdebatte vom letzten Dezember und unsere GRÜNEN Vorschläge:

SPD und CDU wollten weder moderat die Gewerbesteuer erhöhen – damit hätten wir jetzt mindestens 12,4 Millionen Euro mehr im Haushalt. Noch wollten sie die städtischen Töchter mehr Gewinne abführen lassen – das hätte 25 Millionen Euro gebracht. (Diese Maßnahmen taugen übrigens auch jetzt noch.)

Stattdessen werden die Gewinnrücklagen der städtischen Töchter gestärkt, so zum Beispiel bei der Sparkasse und der DEW21 mit rund 15 Millionen Euro. Und der Kämmerer will 35 Millionen Euro Erträge aus 2012 vorziehen – was genau er damit im Sinn hat, will (oder kann?) er nicht sagen. Auch auf Nachfragen nicht. Insgesamt ein gefährlicher Ritt: Wenn die Stadt sowohl 2011 als auch 2012 mehr als fünf Prozent aus den Rücklagen nimmt, kommt sie in die Haushaltssicherung. 

So klingt die rote Sparmusik

In solch einer Situation würde jeder haushaltsbewusste Gastgeber eher gar keine Musik bestellen. Denn angesichts der Haushaltslage ist Bescheidenheit angesagt. Allerdings nicht für OB Sierau:

Beispiel 1: Rathausneubau 

>> Völlig realitätsfremd soll jetzt die Machbarkeit eines technischen Rathauses auf dem Gelände des Jugendamtes geklärt werden. [Link: www.derwesten.de  ]

Beispiel 2: Spendierhosen für die Kultur

>> Mit zusätzlich 1 Million Euro sollen die Träger der freien Kulturszene ab 2012 beglückt werden. [Link:www.derwesten.de  ]. 

Beispiel 3: Unterhaltsvorschüsse 

>> Rund 2 Millionen Euro Unterhaltsvorschüsse sollten durch einen verstärkten Personaleinsatz von säumigen Vätern eingetrieben werden. Das Projekt wurde zumindest für 2011 aufgegeben. 

Beispiel 4: Personaleinsparungen 

>> 305 Millionen Euro veranschlagte die Kämmerei für 2001 für Personalaufwendungen. CDU und SPD war das zu viel – um 1,5 Prozent sollten die Personalaufwendungen sinken, in den Folgejahren sogar um 2 Prozent. Gleichzeitig werden nun die Service- und Präsenzdienste im Rahmen der Nordstadt-Diskussionen ausgeweitet werden. Ergebnis: Die Personalaufwendungen werden um rund 2,4 Millionen Euro steigen. 

Beispiel 5: Der U-Turm 

>> Eigentlich sollte das Servicepersonal des U-Turms haushaltsneutral finanziert werden. Im Rahmen einer verwaltungsinternen Ausschreibung hatten sich insbesondere MitarbeiterInnen aus den Reinigungsdiensten als Servicekräfte für den U-Turm beworben, die dadurch freiwerdenden Stellen der Reinigungsdienste wurden durch eine Ausweitung der Fremdvergabe kompensiert. Das rief den Personalrat auf den Plan: Laut einer Dienstvereinbarung müssen 50 Prozent der städtischen Immobilien durch eigenes Personal gereinigt werden. Ergebnis: Statt einer haushaltsneutralen Finanzierung wurden 60 bis 80 Reinigungskräfte neu eingestellt. 

Beispiel 6: Umlage für den Landschaftsverband 

>> Der Landschaftsverband Westfalen Lippe (LWL) übernimmt kommunale Aufgaben in den Bereichen Soziales, Psychiatrie, Jugend und Kultur als überörtlicher Träger. Die angeschlossenen Kommunen finanzieren diese Leistungen über eine Umlage. So auch Dortmund. Angesichts der Diskussionen zur Erhöhung der LWL-Umlage kündigten die Vertreter von SPD und CDU mit OB Sierau an der Spitze Widerstand an: Nicht mit uns! Keine sechs Wochen später stimmten auch die Dortmunder SPD-Vertreter im LWL für die Erhöhung der LWL-Umlage. Und auch die vom OB Sierau vollmundig angekündigte Klage gegen die Erhöhung wurde still und leise beerdigt: Als Papiertiger. Ergebnis: 1,9 Millionen Euro Mehrbelastung.

Beispiel 7: Ausgleichszahlungen für die Feuerwehr

>> 3,3 Millionen Euro erhalten die städtischen Feuerwehrleute rückwirkend als Ausgleich für zuviel geleiste Arbeitszeiten aus früheren Jahren. Diesem Vorschlag der Verwaltung folgten die Ratsfraktionen am 31. März – auch wenn der Städtetag wegen laufender Gerichtsverfahren zu diesem Thema davon abgeraten hatte, besonders für Haushaltssicherungskommunen. Mitte März aber wusste die Kämmerei schon von neuen Pensionsrückstellungen über 32 Millionen Euro im Zuge der Besoldungserhöhungen für die städtischen Beamten und hat es dem Rat nicht mitgeteilt. Ob der Rat den (freiwilligen!) Feuerwehrzahlungen zugestimmt hätte, wenn er das gewusst hätte? Wohl kaum. 

Der Befreiungsschlag, eine harmlose Sperre? 

Nun soll es der Rasenmäher Haushaltssperre richten. 2,3 Prozent weniger ist in den meisten Budgets so viel nicht. Doch die Etats Schule, Kinder und Jugend bestehen so gut wie komplett aus Pflichtausgaben. Da führen 2,3 Prozent weniger sofort zu schmerzhaften Streichungen bei den letzten freiwilligen Leistungen, die die Stadt noch leisten kann. Eine Haushaltspolitik mit Augenmaß sollte diese Bereiche ausnehmen, wie wir GRÜNE immer gefordert haben. Denn gerade bei Kinder, Jugend und Bildung sind Investitionen von heute die Einsparungen von morgen. Kämmerer und OB wollen das aber nicht.

Doch möglicherweise hat Kämmerer Stüdemann noch einen weiteren Geheimplan in der Tasche, um die Haushaltssicherung zu umgehen. Der Haushaltskommission aber würde er diesen Plan wieder nicht präsentieren. Denn diese Feigenblatt-Einrichtung scheint ja nicht wichtig zu sein. Wie die Begleitmusik auf einer Feier.

Man könnte fast den Eindruck bekommen: Die Gastgeber (OB und Kämmerer) bestellen lieber noch kostspielige Geschenke für ihre Freundinnen und Freunde – auf die Schnelle bevor die Haushaltssicherung ihnen die Fesseln anlegt. Geschenke kann man mit nach Hause nehmen. Begleitmusik nicht.

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