Die Fraktion Bündnis 90/Die GRÜNEN bittet den Ausschuss um Empfehlung und Beschlussfassung des folgenden Ergänzungsantrags:
1. Der AKUSW erkennt an, dass eine kommunale Gewerbestrategie mit geplanten Maßnahmen zur Energiewende den Fokus auf die Einspeisung von erneuerbaren Energien ins Stromnetz setzt. Dabei trägt Wasserstoff zur Dekarbonisierung der Industrie bei, nimmt aber aus Effizienzgründen vorrangig die Rolle eines Speicher- und Reservemediums ein.
2. Der AKUSW bekräftigt, dass der Ausbau von erneuerbaren Energien wie Photovoltaikanlagen und Geothermie in der kommunalen Energiewende grundsätzlich die höchste Priorität einnimmt. Der AKUSW bittet das DLZE hierfür seine Beratungsangebote für die Unternehmen in den Gewerbegebieten auszuweiten. Überschüssige Erträge aus den auszubauenden regenerativen Energien sollen aus Effizienz- und Kostengründen zur Elektrolyse und Produktion von Wasserstoff verwendet werden.
3. Die Verwaltung wird gebeten, die schon 2021 beschlossene kommunale Wasserstoffstrategie mit realistischen Einschätzungen zu Produktion, Einsatz und allgemeiner Logistik von H2 dem AKUSW bis Q1/22 vorzulegen. Dabei soll auch ein Fokus auf die Beschaffung und den Einsatz von Wasserstoff in Industrie und Gewerbe gelegt werden.
4. Der Masterplan Energiezukunft soll zukünftig die Sachfrage des intelligenten Einsatzes von Wasserstoff in Gewerbegebieten aufnehmen.
5. Sachstände zu den folgenden Einzelmaßnahmen im Handlungsprogramm Klima-Luft 2030
- ÜB 4: Klimaschutz in der Dortmunder Wirtschaft,
- NB2: Initiative effiziente Gebäude,
- EE1: Erstellung eines Energienutzungsplans (ENP) und
- EE2: Kampagne für die Nutzung von Photovoltaik
werden dem AKUSW bis zur nächsten Sitzung vorgelegt und auch dem Klimabeirat zur Kenntnis gegeben.
6. Die Beratungen zum kommunalen Einsatz von Wasserstoff in Gewerbegebieten werden dem Klimabeirat zur Kenntnis gegeben.
Begründung:
Der Einsatz von Wasserstoff in den verschiedenen Sektoren, so auch in der Industrie und im Gewerbe, muss in eine ganzheitliche Strategie eingebettet werden, wenn die Energiewende gelingen soll. Demzufolge muss auch eine kommunale Strategie ganzheitlich gedacht werden. Der Energiebedarf wird künftig allgemein sinken. Durch fortschreitende Elektrifizierung verschiedener Sektorenwird wird jedoch der Strombedarf in NRW um rund 100 TWh ansteigen. Um diesen Bedarf bestmöglich zu decken und Energieabhängigkeiten zu reduzieren, muss auf allen Ebenen prioritär der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben werden. Eine Teilabhängigkeit wird weiterhin gegeben sein und durch Energieimporte abgedeckt werden müssen.
In der Industrie stammen 90% der Emissionen aus der Grundstoffindustrie zur Bereitstellung von Stahl, Veredlung von Metallen, aus der Chemie- und Zementindustrie. Um diese Prozesse klimaneutral zu betreiben und Energiekosten mittelfristig zu senken (z.B. durch die Verringerung der Abhängigkeit von russischem Gas) müssen vorrangig fossile Industriekraftwerke durch regenerative Energiequellen ersetzt werden. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass die Stahl- und Zementindustrie prozessbedingt vermehrt Wasserstoff zur Produktion einsetzen werden.
Wasserstoff spielt in einer ganzheitlichen Strategie aber vor allem die Rolle eines Energiespeichers. Überschüssige Energie aus Wind und Sonne bei Spitzenproduktion kann hier durch Elektrolyseure zur Wasserstoffsynthese (grüner Wasserstoff) verwendet werden. Die Synthesereaktion zu Wasserstoff macht es allerdings aufgrund von Mehrfachumwandlung (Strom-Wasserstoff-Strom) durch einen hohen Energieverlust (~80%) ineffizient und hochpreisig, den erzeugten Wasserstoff direkt und ausschließlich zum Betrieb von Gewerbe- und Industriegebieten zu verwenden (auch wenn die Wärme Aus Elektrolyseuren und Brennstoffzellen zum Teil genutzt werden kann, ist der direkte Einsatz erneuerbarer Energien effizienter). Daher sollte Wasserstoff ausschließlich für Prozesse eingesetzt werden, die nicht aus erneuerbaren Energien betrieben werden können. Weiterhin ist die bestehende Erdgasinfrastruktur nicht „wasserstoffdicht“, so dass sich reiner Wasserstoff nicht einwandfrei mit der bestehenden Infrastruktur nutzen lässt. Hier sind ebenfalls hohe Investitionskosten zu erwarten. Laut Fraunhofer Institut kann frühestens ab 2038 eine wettbewerbsfähige Wasserstoffproduktion in Deutschland erwartet werden.
Um eine städtische Energiewende einzuleiten und die Kosten dafür in einem bezahlbaren Rahmen für Bürger*innen und Unternehmen zu halten, sollten in einem ersten Schritt die teils großen Dachflächen von Gewerbegebieten für die Erzeugung erneuerbarer Energien verwendet werden. In einem zweiten Schritt ließe sich eine städtische Wasserstoffproduktion aufbauen, die Überkapazitäten nutzt und speichert. Industrie- und Gewerbegebiete sollten nach Studienlage strategisch durch erneuerbare Energien, Elektrowärme, Biomasse, grüne synthetische Rohstoffe und Luft-CO2 mischbetrieben werden. Zudem können durch Recycling und Kreislaufwirtschaftssysteme bis zu 2/3 der derzeit benötigten Energie eingespart werden – auch die Potenziale effizienterer Maschinen und energetischer Sanierung von Gebäuden sollten für die Unternehmen eine Rolle spielen – die Kommune kann hier beraten und unterstützen. Exemplarische und modellhafte Nutzung von Wasserstofftechnologien im Gewerbe kann durchaus sinnvoll sein, bei knappen finanziellen und personellen Ressourcen sollte allerdings der Fokus auf dem Ausbau erneuerbarer Energien liegen.