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Von der Privatisierung der Politik

Oberbürgermeister schafft exklusive Beraterkreise abseits der demokratischen Gremien

Sonntag, 23. Januar 2011

Man nehme: Aus jedem gesellschaftlichen Bereich wahlweise eine/n SpitzenvertreterIn oder eine schillernde Persönlichkeit, ein paar einfache Bürgerinnen und Bürger sowie treu ergebene Verwaltungsleute nach Belieben. Man gebe ihnen den Auftrag, die Politik der Stadt weiterzuentwickeln – hinter verschlossenen Türen selbstverständlich. 

Man gewähre die Möglichkeit, im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen sich in die Diskussion einzubringen. Man berufe alle "persönlich" –  so kann kein/e Vorstand oder Rektor/in einen Fachmenschen und damit allzuviel Sachverstand schicken. Und am Ende steht ein Ergebnis, dem alle applaudieren: Die HonoratiorInnen waren beteiligt. Die Alibi-BürgerInnen sorgten für die BürgerInnennähe. Und die VertreterInnen der anderen Parteien haben immer was zu nörgeln. Falls das Ergebnis allerdings nicht passt, war es halt nur ein unverbindliches Beratungsgremium.
So geschehen im letzten Herbst bei der Bildungskommission und in dieser Woche bei der Kommission Soziale Stadt. Mit Demokratie hat das allerdings nichts zu tun.

Als "unabhängiges Beratungsgremium" richtete Oberbürgermeister Sierau am vergangenen Mittwoch die Kommission Soziale Stadt ein und übertrug ihr die Aufgabe, "die Sozialpolitik in Dortmund und den Aktionsplan Soziale Stadt weiterzuentwickeln". So schreibt es die Verwaltung in einer Pressemitteilung. Eigentlich ist es ja die Aufgabe des Sozialausschusses des Rates, die Sozialpolitik für Dortmund zu entwickeln. Doch weder finden sich Mitglieder des Sozialausschusses (oder andere PolitikerInnen) in der Kommission, noch tagt die Kommission öffentlich. Mehr noch: Der Sozialausschuss des Rates erfuhr erst aus der Zeitung, dass solch eine Kommission überhaupt einberufen wird. Dabei fordert OB Sierau andernorts stets größte Transparenz.

Nicht zum ersten Mal: Im November 2010 berief Sierau die 3. Bildungskommission ein. (Die Bildungskommissionen 1 und 2 wurden 2000 und 2005 vom ehemaligen OB Langemeyer eingerichtet. Ein Ergebnis der Kommission seinerzeit war die erste Bildungsberichterstattung der Stadt.) Sierau erhöhte nun die Zahl der Mitglieder von 16 auf 28. Die Politik blieb aber auch hier außen vor. 

Die GRÜNEN im Rat regten an, aus jeder Fraktion eine/n sachkundige/n VertreterIn zu berufen. Damit könnte die Arbeit der Kommission besser auf die Politik abgestimmt werden. Doch die Verwaltung unterstrich in ihrer Antwort (schriftlich am 15.12.2010, noch nicht im Netz eingestellt), die Kommission sei ein "unabhängiges Beratungsgremium". Die Mitglieder seien von Sierau "persönlich berufen" (also nicht aus ihrer Funktion in einem Verband oder einer Institution heraus?). Weiter heißt es: „Sie repräsentieren unterschiedliche Bereiche wie Wissenschaft und Forschung, Lehrerschaft, Wirtschaft, Handwerk, Politik, Eltern-, Schüler- und Bürgerschaft.“ Wie die in demokratischen Wahlen legitimierten VertreterInnen der Bürgerschaft repräsentiert sein sollen, wenn keine gewählten VertreterInnen der Politik Mitglieder der Kommission sind, wird nicht weiter ausgeführt. 

Persönlich berufen

  Um es unmissverständlich zu sagen: Die Qualifikatin der einzelnen Mitglieder ist über jeden Verdacht erhaben. 

Eine besondere Bedeutung gewinnen die Worte "persönlich berufen", wenn die neue Sozialdezernentin Brigitte Zoerner (SPD) selbstverständlich in die Kommission Soziale Stadt berufen wird, die Schul- und Bildungsdezernentin Waltraut Bonekamp (GRÜNE) dagegen nicht zur Bildungskommission gehört. 

Schließlich dürfte sich auch der Sport in Dortmund bedanken. Während aus allen gesellschaftlichen Teilbereichen die Spitzenkräfte der Verbände und Institutionen mitwirken, hat der Stadtsportbund das Nachsehen: In der Bildungskommission arbeitet der Nachwuchskoordinator des BVB, Lars Ricken. Und in der Kommission Soziale Stadt rudert Martin Sauer mit, ausdrücklich berufen in seiner Eigenschaft als Steuermann des Deutschland-Achters.

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