1. Oberste Zielsetzung aller zukünftigen sozial- und ordnungspolitischen Maßnahmen muss die kurz- und langfristig spürbare Verbesserung der Wohn- und Lebensverhältnisse in der Nordstadt sein. Im Mittelpunkt aller Bemühungen müssen dabei einerseits die bisherigen BewohnerInnen der Nordstadt stehen, die unter einer Vielzahl sozialer und ordnungspolitischer Defizite der Vergangenheit leiden. Der Rat hält es für berechtigt, dass die BewohnerInnen der Nordstadt nicht mehr alleine die ganze Last einer Großstadt tragen wollen. Er sieht aber auch die Notwendigkeit von Hilfe und Betreuung für diejenigen Menschen, die in den letzten Monaten zum Teil aus bitterer Armut heraus in die Nordstadt zugewandert sind.
Der Rat hält daran fest, dass es für die Gruppe der Prostituierten weiterhin ein System von Hilfsangeboten geben muss. Alle zukünftigen Maßnahmen dürfen nicht dazu führen, dass die berechtigten Interessen dieser unterschiedlichen Gruppen gegeneinander ausgespielt werden.
2. Der Rat ist der Auffassung, dass für eine erfolgreiche Lösung der derzeitigen Problematik im Zusammenhang mit dem statt gefundenen Zuzug bulgarischer und rumänischer Roma nicht nur die Situation des Straßenstrichs, sondern auch die prekäre Lebens- und Wohnsituation der zugezogenen Menschen zu betrachten ist.
3. Der Rat sieht keine Alternative zur gesellschaftlichen Integration derjenigen Menschen, aus Bulgarien und Rumänien die dauerhaft hier leben möchten. Der Rat fordert die Verwaltung auf, unter Beteiligung aller relevanten Akteure sowie der betroffenen Menschen ein entsprechendes Integrationskonzept zu entwickeln. Ziel eines derartigen Konzeptes ist es, Vertrauen zu schaffen, Regeln gesellschaftlichen Zusammenlebens deutlich zu kommunizieren und die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Stadtgesellschaft zu erarbeiten.
4. Der Rat fordert die zuständigen Gremien von Land, Bund und der EU auf, dafür Sorge zu tragen, dass sich die Lebensbedingungen aller Ethnien in Bulgarien und Rumänien alsbald so verbessern, dass diese gleichberechtigt und unter Wahrung sozialer Mindeststandards in ihren Heimatländern leben können. Diese Forderung wird entsprechend mit Nachdruck übermittelt.
5. Der Rat lehnt eine ersatzlose Schließung des bisherigen Straßenstriches an der Ravensberger Straße ab, da dies eine Verlagerung der Prostitution insbesondere in Wohngebiete nach sich zieht. Er ist der Überzeugung, dass eine ersatzlose Schließung nicht zu einem Stopp der Zuwanderung führen wird. Der Rat stellt fest, dass der legale Straßenstrich einschließlich der sogenannten Verrichtungsboxen und der sozialen Betreuung vor Ort eine Sicherheit für Prostituierte schafft, die bei einer kompletten, auch temporären Schließung, nicht mehr gegeben ist.
6. Der Rat hält auch den Versuch einer Reduzierung des Straßenstrichs für nicht praktikabel und für nicht zielführend. Abzulehnen ist dabei insbesondere die Verknüpfung mit einer ersatzlosen Schließung des Straßenstrichs, falls der Versuch einer Reduzierung scheitert.
7. Der Rat hält es für berechtigt, die BewohnerInnen der Nordstadt durch die Verlagerung des Straßenstrichs in einen anderen Bezirk zu entlasten. Er beschließt deshalb die schnellstmögliche Verlagerung des Straßenstrichs unter der Voraussetzung, dass ein geeigneter, alternativer Standort gefunden wird, der einen optimalen Schutz vor Gewalt und Ausbeutung sowie eine hinreichende soziale Betreuung der dort arbeitenden Frauen gewährleistet. Die Schließung des bisherigen Straßenstrichs erfolgt erst nach Schaffung eines Ersatzstandortes. Die Suche nach einem geeigneten Standort erfolgt in Absprache mit den Hilfsorganisationen (KOBER, Mitternachtsmission) und der Polizei.
8. Der Rat spricht sich dafür aus, das zu Verfügung stehende ordnungspolitische Instrumentarium zur Sicherstellung der Sperrbezirksverordnung gezielt anzuwenden, um eine sofortige Entspannung der Situation am und um den jetzigen Standort des Straßenstrichs zu erreichen. Dazu haben Verwaltung und Polizei ausreichend Personal bereit zu stellen.
9. Der Rat befürwortet ein Kontaktverbot für Freier im Sperrbezirk (Stuttgarter Modell). Das Verbot muss mit ausreichend Personal durchgesetzt werden.
10. Die Verwaltung wird aufgefordert, kurzfristig einen Überblick über die Situation der hier lebenden Kinder der zugewanderten Roma vorzulegen und geeignete Maßnahmen zum Jugendschutz zu ergreifen.
11. Zur Verbesserung der Situation der Roma-Kinder sind kurzfristig weitere Auffangklassen an den entsprechenden Schulen einzurichten. Die Verwaltung wird aufgefordert, umgehend Kontakt mit dem Schulministerium aufzunehmen und eine schnellstmögliche Bereitstellung von Lehrpersonal und von Dolmetschern durch das Land einzufordern. Die Dortmunder Landtagsabgeordneten werden gebeten, ihre Möglichkeiten zur Umsetzung dieser Forderung zu nutzen.
12. Der Rat begrüßt die Einrichtung einer Koordinationsstelle in der Verwaltung sowie die bereits durchgeführten konzertierten Aktionen in problematischen Wohnhäusern in der Nordstadt. Die Arbeit mit problematischen Immobilien muss unabhängig von Standortentscheidungen für den Straßenstrich intensiv fortgesetzt werden.
13. Die Verwaltung wird aufgefordert, einen Maßnahmenkatalog zur Unterstützung seriöser Vermieter/ Hauseigentümer in der Nordstadt zu erstellen sowie aktiv auf die Eigentümer ganz oder teilweise leer stehender Häuser zu zugehen. Die Schaffung einer Entwicklungsgesellschaft für problematische Immobilien ist zu überprüfen. Gegen menschenunwürdige Mietverhältnisse sind die bestehenden rechtlichen und ordnungspolitischen Möglichkeiten konsequent anzuwenden.
14. Eine aktive Beteiligung und Einbindung der Menschen in der Nordstadt und in den angrenzenden Stadtbezirken in die Entscheidungsprozesse ist Grundvoraussetzung für die Akzeptanz der zukünftigen Maßnahmen. Die Bürgerinnen und Bürger, die Bezirksvertretung, die Ratsmitglieder sowie der AK „Sicherheit in der Nordstadt“ sind deshalb regelmäßig durch Verwaltung und Polizei über die Umsetzung der Maßnahmen zu informieren. Der Rat begrüßt ausdrücklich die in der Vorlage der Verwaltung vorgesehene Einrichtung eines öffentlichen Forums. Ein entsprechendes Konzept wird kurzfristig erarbeitet und umgesetzt.
15. Alle aufgeführten Maßnahmen sind nur mit personellem Mehraufwand zu erreichen. Stadt und Polizei haben kurzfristig den erforderlichen Personalbedarf für die nächsten zwei Jahre darzustellen.