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Thema:  Newsletter Stadt + Rat

Art: Newsletter

Oberbürgermeister Ullrich Sierau will zurücktreten, traut sich aber nicht – oder doch?

Er hat es nicht verstanden: Wir GRÜNE hatten ihn im vergangenen März aufgefordert zurückzutreten. So könnte die Oberbürgermeisterwahl am 25. Mai gemeinsam mit der Ratswahl (und der Europawahl) stattfinden. Das würde der Stadt viel Aufwand und Kosten ersparen. Wir haben unsere Meinung nicht geändert. Im Gegenteil: Wir freuen uns, wenn er unserer Empfehlung folgt.

Stattdessen beharrt Sierau darauf, dass der Rat ihm zusichern soll, auf eine Klage zu verzichten. Was sollte ein Ratsbeschluss ihm helfen, wenn auch alle anderen Parteien oder BürgerInnen immer klagen dürfen? Müsste er sich dann nicht von allen WählerInnen in Dortmund einen Klageverzicht vorab garantieren lassen? Wenn wir ihn vorher gebeten haben, zurückzutreten, warum sollten wir GRÜNE dann nachher klagen? Und wenn nach der Wahl 2009 zuvorderst elf seiner eigenen Parteigenossen geklagt hatte, warum fordert er jetzt einen Klageverzicht von den anderen Parteien?

Vielleicht hilft es ihm, wenn wir die ganze Sache nochmal von vorn aufrollen.

Die einmalige Dortmunder Posse

Alles begann ja mit der Lüge eines SPD-Oberbürgermeisters. Vor der Kommunalwahl 2009 hatte Dr. Gerhard Langemeyer auf Anfrage der damaligen FDP- und heutigen CDU-Frau Annette Littmann dem Rat erklärt, es gäbe keine Gefahren für den städtischen Haushalt. Am Tag nach der Wahl aber versprach sich die damalige Kämmerin, Christiane Uthemann, und Langemeyer musste bestätigen: Wir haben schon seit Längerem ein Loch von 100 Millionen Euro – und beide verhängten eine Haushaltssperre. Also hatte Langemeyer vor der Wahl gelogen. In einer wahlentscheidenden Angelegenheit. Dann folgte die einzigartige Geschichte der Dortmunder Wahlwiederholungen – und eine Klageflut der SPD. Wer die Nachrichten von damals durchblättert, kommt aus dem Staunen nicht mehr raus, und wir bringen hier statt einer Zusammenfassung ein paar schöne Schlaglichter:

Die Welt - TAZ - nochmal TAZ - RN - Wikipedia - ein Newsletter von uns - und noch einer - und - immer - weiter  

Das alles darf man getrost „Wahl-Chaos“ nennen – oder auch die mühevolle Arbeit an der Frage, ob ein Oberbürgermeister den Rat der Stadt belügen darf. Wenn jetzt Herr Sierau den Parteien im Rat „einen Monat Zeit“ anbietet, „sich Gedanken zu machen, ob man dagegen klagen will, ob man die Stadt wieder in ein rechtliches Chaos stürzen will“, dann stellt das die historischen Abläufe auf den Kopf. Wir wollen ja nun wirklich nicht annehmen, dass schon wieder ein Oberbürgermeister den Rat eklatant belügt.

Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung

Gemeindeordnung oder Kommunalwahlgesetz kennen den Rücktritt eines Oberbürgermeisters nicht. Anders als bei der Bundeskanzlerin ist das einfach nicht vorgesehen. Doch als politischer Beamter kann der Oberbürgermeister selbst entscheiden, wann er zurücktreten mag. Das ist seine höchstpersönliche Entscheidung, wie die Rechtsdezernentin der Stadt, Diane Jaegers, am letzten Donnerstag dem Ältestenrat erläuterte. Davon ist der Rat als Organ in keiner Weise betroffen; insofern unterliegt eine solche Entscheidung auch nicht der Beschlussfassung des Rates oder der Fraktionen und dementsprechend kann es eigentlich auch keine Organklage geben.

Andererseits haben wir in Nordrhein-Westfalen leichte Verwirrungen mit den Wahlterminen. Die alte, schwarz-gelbe Landesregierung witterte Morgenluft und koppelte die OB-Wahlen von den Kommunalwahlen ab. Sie erhoffte sich damit dauerhaft mehr CDU-Bürgermeister. Weil die Konservativen (und auch wir GRÜNE) bei niedriger Wahlbeteiligung mehr Prozente gewinnen, und eine einzelne OB-Wahl weniger WählerInnen mobilisiert, erhielten die (Ober-)Bürgermeister damals eine längere Amtszeit von sechs Jahren. Weil Wahlen mit spekuliert geringer Beteiligung aber wenig demokratisch sind, drehte die rot-grüne Landesregierung das Rad zurück: Ab 2020 wird wieder gemeinsam gewählt. Übergangsweise konnten die (Ober-)Bürgermeister, deren Amtszeit 2015 endet, jetzt zurücktreten und so schon in diesem Mai die gleichzeitige Wahl ermöglichen. Als „Bonus“ winkte dazu das Pensionsrecht: Wem hierdurch das eine Jahr zur Pensionsberechtigung fehlte, der bekommt die Rumpf-Zeit dennoch angerechnet.

220 andere (Ober-)Bürgermeister in Nordrhein-Westfalen traten deshalb im vergangenen Jahr bis zum 30. November zurück und machten den Weg frei für eine geordnete Wahl zeitgleich mit dem Rat ihrer Stadt. Sierau aber wurde (wegen der Wahlwiederholung) 2010 gewählt, seine Zeit läuft so bis 2016, die Pension erreicht er mit seinem jetzigen Rücktritt nicht und die oben genannte Pensionssonderregel gilt für ihn nicht. So ließ Sierau den städtischen Pressesprecher Bullerdieck noch am 30. November 2013 erklären: Sierau tritt nicht zurück, da er sonst seine Pensionsansprüche verliert.

Ein Taktierer vor dem Herrn

Hat nun wirklich der Weihnachtsbrief eines sparsamen Genossen aus Scharnhorst ihn nach vier Wochen so gerührt, die mindestens 500.000 Euro für eine Wiederholungswahl doch bitte einzusparen? Man mag es kaum glauben. Was also dann?

Vielleicht die günstigen Umfragewerte, die die SPD weit vorn sehen. Die SPD ließ 750 DortmunderInnen (repräsentativ ist das nicht, aber sparsam beauftragt) schon im November 2013 befragen – und veröffentlichte das Ergebnis erst Mitte Januar 2014.

Drohte ihm jemand anderes innerparteilich bis 2016 den Rang abzulaufen? Solche Konkurrenten hätte er nun vortrefflich kalt gestellt.

Oder fehlte der Ratsfraktion eine vorzeigbare Führungsperson für den Wahlkampf?

Die anderen Parteien (uns GRÜNE eingeschlossen) werden dagegen erst noch ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten bestimmen müssen.

Ach ja, und dann lässt sich in der Zwischenzeit ja noch vortrefflich mit den verschiedenen Hüten spielen: Sein Rücktrittsangebot erläuterte er umringt von den Parteispitzen, gleichzeitig veröffentlichte dies die Internetseite der Stadt unter der PR-geschönten Überschrift "Harmonisierung". 

Bei all dem scheint Sierau davon auszugehen, dass er auch tatsächlich wieder gewählt wird. Doch ist das wirklich so sicher: Dass nach 67 Jahren Henßler, Keuning, Sondermann, Samtlebe, Langemeyer und Sierau auch im 68. Jahr in Folge der Oberbürgermeister in Dortmund ein SPD-Parteibuch hat?

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