Samstag, 9. Juli 2011
Wenn wir – dauerhaft übernächtigt – wenigstens mit daran verdienen würden. Doch verdienen werden nur die Fluggesellschaften, die Dortmund dann vielleicht (!) häufiger anfliegen. Der Flughafen selbst wird auch unter günstigsten Prognosen bis 2025 nicht aus den roten Zahlen herauskommen. Macht nichts: Die Verluste fängt die Flughafenmutter Dortmunder Stadtwerke auf. Die fehlende Mütze Schlaf können wir mit extra-heller Innenbeleuchtung ausgleichen – denn die aktiviert ja bekanntlich das Wach-Empfinden. Und mit dem Strompreis finanzieren wir die Flughafen-Verluste. Sicher, der Strompreis finanziert auch Busse und Bahnen, in denen wir fahrenderweise auch noch ein wenig Schlaf finden können. Aber Busse und Bahnen gehören zur kommunalen Daseinsvorsorge. Regionalflughäfen nicht.
„Das ist doch alles für die Tonne!“ Eben. Auch die Entsorgung Dortmund finanziert die Flughafenverluste mit.
Auf der einen Seite wehrt sich die Flughafen-Mutter DSW21 mit Händen und Füßen gegen das Sozialticket, auf der anderen Seite zahlt sie freudig jeden Monat 2 Millionen Euro für den Flughafen.
Wem das alles zu absurd erscheint, erhebt jetzt Einspruch.
Die Pläne zur Erweiterung liegen zurzeit aus und können bei der zuständigen Bezirksregierung Münster im Internet eingesehen werden.
Gleichzeitig läuft die Frist, Einspruch dagegen zu erheben. Die Schutzgemeinschaft Fluglärm hat Einspruchsformulare vorbereitet. Ausdrucken, ausfüllen und abschicken. Oder gleich mehrere Unterschriften auf Listen (Word-Dokument!) sammeln. Nicht verpassen: Spätestens am 19. Juli müssen die Einsprüche bei der Bezirksregierung in Münster sein. Besser noch: bis jetzt Dienstag (12. Juli) an die Schutzgemeinschaft Fluglärm schicken.
Hintergründe
Die Diskussion über den Flughafenausbau, besonders über die Ausweitung der Betriebszeiten, hatten wir schon im vergangenen November in diesem Newsletter gut zusammengefasst. Johannes Kleinschnittger von der Schutzgemeinschaft Fluglärm führt mit seiner Seite tiefer ins Thema – absolut lesenswert!
SPD und CDU hatten am 18. November letzten Jahres im Rat entschieden (Tagesordnungspunkt 2) – auf Druck des Flughafens und gegen Stimmen auch aus den eigenen Reihen:
>> Der Flughafen soll seine Starts und Landungen bis 22.30 Uhr ausdehnen, bei Verspätungen bis 23.00 Uhr.
>> Wenn das Flugzeug in Dortmund stationiert ist oder über Nacht in Dortmund bleibt, kann es planmäßig auch bis 23.00 Uhr landen, bei Verspätungen bis 23.30 Uhr.
Den entsprechenden Antrag hat die Flughafengesellschaft jetzt bei der Bezirksregierung in Münster gestellt. Überraschend ist, wie gezielt die Flughafengesellschaft in ihrem Antrag den Ausbau einzig mit den Wirtschaftlichkeitsrechnungen der Fluggesellschaften begründet (ab Seite 5 der PDF-Datei). Eine dringende Nachfrage nach diesen späten Starts und Landungen führt der Flughafen nicht an. Offensichtlich baut man darauf: Wenn das Angebot erst einmal da ist, werden auch genügend Nachfrager geweckt werden.
Der Europäische Gerichtshof entschied , dass der Bau und Betrieb eines Regionalflughafens nicht zur kommunalen Daseinsfürsorge gezählt werden darf, wie etwa Müllabfuhr, Energieversorgung oder Busse und Bahnen (siehe oben). Und weiter: Der Bau oder die Erweiterung einer Landebahn lassen sich wirtschaftlich nicht trennen vom Betrieb einer Landebahn. Beides sind wirtschaftliche Betätigungen. Wenn eine Stadt oder ein Bundesland diesen Bau finanziell unterstützt (so im Urteilsfall geschehen beim Flughafen Leipzig/Halle – aber auch beim Flughafen Dortmund), dann sind dies staatliche Beihilfen an ein Unternehmen. (weitere Infos zum Urteil hier) Ob diese Beihilfen nach EU-Recht zulässig sind, dazu läuft seit 2007 ein Beihilfeverfahren der EU-Kommission gegen den Flughafen. Die vorläufige Prüfung der EU-Kommission ergab: Die damalige Gebührenordnung "NERES" begünstigte einseitig einige Fluggesellschaften über öffentliche Zuwendungen, während sie andere Fluggesellschaften diskriminierte. Weitere Themen der Prüfung:
- die jetzige bisher nicht genehmigte Gebührenordnung „NEO“,
- die Finanzierungsbeihilfen von den Stadtwerken und der Stadt Dortmund an den Flughafen durch die laufenden Verlustübernahmen,
- die Übernahme von Darlehen und Avalprovisionen für Bürgschaften unter Marktniveau,
- die entgeltfreie Überlassung von 29 ha Grundstücksfläche sowie
- ein Vertragsverletzungsverfahren im Zuge der nicht durchgeführten EU-weiten Ausschreibung der Bodenabfertigungs-Dienstleistungen bzw. der Direktvergabe an die ausgegliederte Flughafen Dortmund Handling GmbH.
Nicht ohne Grund warnt der Wirtschaftsprüfer der Dortmunder Stadtwerke vor einer Existenzgefährdung: Denn dem Flughafen drohen Rückzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe, für die er keine Vorsorge getroffen hat.
Daran schließen sich eine ganze Reihe von Fragen an, die wir GRÜNE im Finanzausschuss jetzt stellen. Den Flughafenverantwortlichen dürften diese Fragen ein wenig den Schlaf rauben. Hoffen wir, dass den Anwohnern wenigstens schlaflose Nächte in Zukunft erspart werden. (Nicht vergessen: Noch in dieser Woche Einspruch erheben! ;-)