Anders als sein Ruf
Drogen, Verarmung – der Dortmunder Norden steht oft nur mit seinen Problemen im Fokus der Öffentlichkeit – doch die Bürger*innen hier sind engagiert, enormes Potenzial liegt teilweise brach. Die Stadtverwaltung fördert deswegen seit zwei Jahren über die Initiative „nordwärts“ unterschiedliche Projekte. Dabei geht es vor allem darum, diese sichtbar zu machen. Um uns die Situation vor Ort genauer anzusehen, haben wir GRÜNEN uns auf einer Radtour die Vielfalt des Nordens auch abseits von der Förderkulisse „nordwärts“ einmal genauer angesehen. Begleitet wurden wir von Journalisten der Nordstadtblogger und der „Ruhrnachrichten“.
Bunte Mischung im Norden
Der Dortmunder Norden ist vielfältig, ob in Kultur oder Religion. Das zeigte sich bei den ersten beiden Stationen in Eving. Da liegt das Quartiersbüro „Bergauf“ in der Bergstraße. Das „nordwärts“-Projekt aus dem Themenfeld Ökonomie und Stadtentwicklung vernetzt Engagement miteinander, ob von Bewohner*innen, Gewerbetreibenden oder Religionsgemeinschaften. Hervor ging es aus der Notwendigkeit, die ehemalige Verbindungsstraße zwischen zwei Zechen neu zu beleben. Eving beheimatet auch das noch in Planung befindliche Interkulturelle Stadtteilzentrum Nord. Getragen vom bürgerschaftlichen Engagement der Alevitischen Gemeinde entsteht dies als soziales Zentrum, in dem über kulturelle und religiöse Grenzen hinweg Kinderbetreuung und Seniorenbegegnung, Kultur und Jugendarbeit angeboten werden sollen. Das Zentrum wird seit 2016 durch die Alevitische Gemeinde geplant, die dafür den Verein imdo e.V. gegründet hat. Nach Anlaufschwierigkeiten wird das Stadtteilzentrum von der Stadt teilfinanziert, der Verein übernimmt die Trägerschaft des Zentrums.
Soziale Hilfen sind nötig
Der soziale Norden zeigte sich den Radler*innen auch im Bernhard-März-Haus. Die Einrichtung der Caritas an der Osterlandwehr 12 beherbergt ein Sozialkaufhaus inklusive Sozialberatung und beruflicher Wiedereingliederung. Leiter Frank Merkel bestätigte, dass diese sozialen Hilfen im Norden dringend nötig sind. Verarmung und Drogenproblematik nehmen im Norden zu. Auch im Bereich Integration und Migration ist das Haus aktiv, man hilft beim Ausfüllen von Formularen, hält eine Rechtsberatung und eine Rückkehrberatung vor. Rund 1.000 Anfragen pro Monat werden über Telefon oder in der Sprechstunde vor Ort gestellt. Das Sozialkaufhaus muss dringend energetisch saniert werden, wofür Gelder aus der Stadtentwicklung fließen sollen.
Urbanes Gärtnern
Wer in Dortmund gärtnern will, kann das in vielen Projekten tun. Im Norden geht das bei Tante Albert besonders gut. In der Albertstraße gestaltet eine Handvoll Engagierter das von Grünbau und Vivawest zur Verfügung gestellte Grundstück zu einer urbanen Oase um. Tante Albert kämpft aktuell um die Anerkennung der Gemeinnützigkeit, um Fördergelder beantragen zu können. Auch ein längerfristiger Nutzungsvertrag mit der Vivawest könnte davon abhängen.Zu dem Urban-Gardening-Projekt gehört auch eine Kooperation mit einer benachbarten Kindertagesstätte. Bei einem Qaurtiersspaziergang im Rahmen der Erarbeitung des Masterplans Kommunale Sicherheit lobte die damalige Rechtsdezernentin Diane Jägers Tante Albert als gelungenes Beispiel für zivilgesellschaftliche Selbstorganisation und basisdemokratisches Engagement. Gerade solche Vorhaben eigneten sich als anschauliche Blaupausen für den Masterplan KommunaleSicherheit. Die nötige finanzielle Unterstützung bleibt bislang noch aus. Derzeit fehlt es von der Schubkarre über einen Wasseranschluss bis zum Geld für Verwaltungsgebühren an vielen Dingen.
Dortmund nachhaltig
Der Norden kann auch „nachhaltig“: Dafür ist der Umsonstladen im Nordpol ein gutes Beispiel. Den GRÜNEN Radler*innen berichteten die ehrenamtlichen Betreiber*innen in der Münsterstraße 99, wie sie sowohl der Umwelt als auch ihren Mitmenschen etwas Gutes tun wollen. Einmal im Monat werden nun Tische aufgebaut, an denen alle möglichen Dinge freiwillig gegeben und genommen werden können. Damit der Umsonstladen ein richtiger Laden mit einem dazugehörigen Lager werden kann, braucht es ein eigenes Ladenlokal, tägliche Öffnungszeiten und die Einrichtung einer hauptamtlichen Stelle. Wir GRÜNEN bleiben im Gespräch mit den Gründer*innen, die über die Aufnahme in die „nordwärts“-Projektkulisse auf entsprechende Unterstützung hoffen.
Auch im Sinne der Wirtschaft
Die Zukunft des Nordens liegt letztendlich in einer ausgewogenen Stadtplanung, die auch die Wirtschaft berücksichtigt. Ein städtebaulich bedeutsames Projekt der Wirtschaftsförderung war der letzte Zwischenstopp der GRÜNEN Tour. An der Speicherstraße werden Stadthafen und Schmiedinghafen durch Investoren aufgewertet. Eine Mischung von Wohnen und Arbeiten ist hier aufgrund der Lärmbelastung nicht möglich, da es im Hafen weiterhin Produktionsstätten gibt. Ziele der neuen Bebauung bzw. Umnutzung sind deshalb Büros, Gewerbe und Gastronomie, die digitale Ideenschmieden und Kreative anziehen sollen. Co-working-Arbeitsplätze für Freiberufler*innen sollen zudem entstehen. Die Stadt richtet dort auch den Gründercampus und das Gründerinnenzentrum ein, entwickelt den „Heimathafen“ als Begegnungs- und Bildungsstätte und gestaltet Plätze und Straßen.
Den Norden fördern
Ob Nachhaltigkeit, Soziales oder Wirtschaft – der Dortmunder Norden ist mit seiner bunten Vielfalt auf einem guten Weg. Uns GRÜNE hat das Engagement der Bürger*innen hinter den Projekten sehr beeindruckt. Die Unterstützung durch „nordwärts“ stellte sich für uns als hilfreich heraus. Wer das Potenzial im Norden entfalten will, muss aber auch effektive finanzielle Förderung folgen lassen. Denn die meisten Projekte sind auf Hilfe und positive Begleitung angewiesen. Nicht alles kann hier durch Ehrenamt und Öffentlichkeitsarbeit aufgefangen werden. Konkrete Ansatzpunkte für eine effektivere Förderung wird die Fraktion in den entsprechenden Gremien thematisieren.
Foto: Oliver Schaper