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Thema:  Stadt + Rat

Art: Haushaltsrede

Grüne lehnen Haushalt 2014 ab - Haushaltsrede von Ingrid Reuter -

Sehr geehrte Damen und Herren, die GRÜNE Fraktion wird dem Haushalt in diesem Jahr nicht zustimmen!

Der Haushaltsansatz ist – zumindest nach dem letzten uns bekannten Stand – nur gut 8 Mio. Euro von der magischen Fünfprozentgrenze entfernt. Das heißt: Wir stehen kurz vor dem Abgrund! Und das wieder einmal!

Auch im letzten Jahr betrug der Abstand zur Fünfprozentgrenze im Haushaltsentwurf nur 5 Mio. Euro. Und nur durch die von uns geforderte Anhebung der Gewerbesteuer ist es gelungen, diesen Abstand auf 29,5 Mio. Euro zu vergrößern. Das war ein maßgeblicher und notwendiger Schritt, um den Haushalt für das komplette Jahr 2013 zu sichern. Diese Maßnahme lässt sich aber 2014 nicht wiederholen.

Wir GRÜNE hatten unsere Zustimmung zum Haushalt 2013 mit eindeutigen Forderungen nach einem Umdenken und Umlenken in der Verwaltung verbunden. Denn auch wenn klar ist, dass die Kommunen strukturell nicht ausreichend finanziert sind, müssen wir in Dortmund eigene Anstrengungen unternehmen, um die Hoheit über den Haushalt zu behalten und nicht von der Bezirksregierung abhängig zu werden. Dazu ist es unabdingbar, die Dienstleistungen und die kommunale Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger so effizient wie möglich zu gestalten.

Deshalb haben wir für das Haushaltsjahr 2013 gefordert:

• mehr Transparenz durch beschleunigte Aufgabenkritik

• die konsequente Bewirtschaftung städtischer Immobilien

• die Energiesanierung der städtischen Immobilien

• die Umsetzung der Themen sozialer Stadt und

• eine permanente Risikobewertung für finanziell prekäre Projekte.

Und wir GRÜNE haben gesagt: Wenn das nicht gelingt und erkennbar ist, wenn wir sehen, dass strukturelle Veränderungen mal wieder auf die lange Bank geschoben werden, wenn es nicht gelingt, die aufgeführten Baustellen ernsthaft in Angriff zu nehmen und für konstruktive Lösungen zu sorgen – dann ist die Haushaltssicherung unabwendbar.

Das Jahr 2013 ist vorbei.

Und auch wenn heute durch die Mehrheit hier abgefeiert werden wird, dass wir wieder eine der wenigen Großstädte im Ruhrgebiet sind, die einen eigenen Haushalt haben, eines ist doch allen klar: Die Party tanzt auf äußerst wackligem Boden.

Wir stehen wieder kurz vor dem Abgrund – denn 2013 ist nichts Entscheidendes passiert. Ein Umsteuern hat nicht stattgefunden, der Verwaltungstanker fährt volle Kraft voraus in den Mahlstrom, der ihn in die Tiefe zu ziehen droht.

Wie vor diesem Hintergrund der Haushalt länger tragen soll als bis zum 25. Mai oder sogar weit darüber hinaus, ist uns ein Rätsel. Denn allein in der Novembersitzung des Rates haben wir zwei Vorlagen verabschiedet, die für 2013 Mehrausgaben von 20 Mio. Euro bedeuten: 14 Mio. Euro bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie 6 Mio. Euro für den Bereich der ambulanten und stationären Hilfen. Es ist absehbar, dass die Ausgaben in den sozialen Bereichen auch im kommenden Jahr 2014 nicht sinken werden.

Im Gegenteil: Die anhaltende Armut eines Großteils der Bevölkerung sowie die nicht absehbaren Auswirkungen der EU-Zuwanderung lassen eher vermuten, dass wir hier mindestens auf dem Niveau von 2013 bleiben werden. Ob die Ausgaben dann unterjährig immer so zu decken sind, wie in diesem Jahr, ist zumindest fraglich.

Angesichts der schwierigen Lage wäre es umso wichtiger gewesen, maßgebliche, in unserem Haushaltsantrag 2013 vorgeschlagene und beschlossene Maßnahmen zur Veränderung von Strukturen, zur Reduzierung von Ausgaben und zur Erzielung von Mehreinnahmen umzusetzen.

Dazu zählen insbesondere:

• eine Neuorganisation der Verwaltung mit einer konsequenten Organisationsentwicklung und einem qualifizierten Personalkonzept

• ein Immobilienmanagement, das die Gebäudenutzung auch und gerade unter dem Gesichtspunkt der energetischen Qualität bewertet

• der konsequente Verkauf von Liegenschaften und die Ermöglichung von Zwischennutzungen zur Einsparung von Betriebskosten

• die Grünpflege aus einer Hand, für die bis heute nicht einmal die vor einem Jahr geforderten belastbaren Zahlen bzw. Kosten- und Leistungsrechnungen vorliegen oder auch

• die Erarbeitung eines Konzeptes für den U-Turm zur deutlichen Reduzierung der städtischen Zuschüsse

Das alles ist ungenügend oder gar nicht passiert – im Gegenteil! Stattdessen gibt es z. T. hilflos wirkende Einsparungen etwa durch die Kündigung von Zeitungsabos oder sozial nicht vertretbare Erhöhungen der Elternbeiträge für Kindertagesstätten allein zur Sanierung des defizitären Haushalts.

Aufgabenkritische Untersuchungen einzelner Stadtämter sind unterbrochen oder noch gar nicht begonnen worden. Im Bereich der Immobilienverwaltung hat man gerade erst damit angefangen, Maßnahmen für ein Investitionscontrolling zu entwickeln. Vor Jahren hieß das Infrastrukturrevision und führte zur Stilllegung von Spielplätzen. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt: Und so hoffen wir, dass dem neuen Anlauf zu einer sinnvollen Immobilienbewirtschaftung mehr Erfolg beschieden ist.

Aus Sicht einer nachhaltigen Konsolidierung des Haushalts durch eine Veränderung der Strukturen war 2013 ein verschenktes Jahr. Nach wie vor ist nicht zu erkennen, dass die Verwaltungsspitze die grundlegende Veränderung der Strukturen und ihrer bisherigen Handlungsweise tatsächlich angehen will.

Das zeigen auch die noch kurz vor Schluss auf die Schnelle in den Finanzausschuss eingebrachten Vorlagen. Der Kollege Monegel sprach zu Recht von einem Antrags-Tsunami. Da geht es z. B. um die Sanierung des Jugendamtes oder die Vorlage zum Umbau der Berghofer Straße, die zunächst als Sparmaßnahme auf der Liste der Verwaltung auftauchte und dann ohne Begründung wieder verschwand. Allein diese Kehrtwende kostet in den nächsten Jahren 2,8 Mio. Euro – bereits 2014 schlägt sie mit 800.000 Euro zu Buche.

Oder die Vorlage zur Erhöhung der Elternbeiträge in den Kindertagesstätten – eine Erhöhung, die allein der Konsolidierung des Haushalts dient und nichts mit einer Qualitätsdebatte zu tun hat. Eine Beitragserhöhung im Kita-Bereich kommt für uns aber nur dann infrage, wenn das Geld in die weitere Verbesserung der Kinderbetreuung fließt. Wir sind sicher, dass dann auch Eltern von einer moderaten Erhöhung zu überzeugen sind. Langfristig halten wir aber an dem Ziel fest, irgendwann eine grundsätzliche Beitragsfreiheit für die Kinderbetreuung zu erreichen. Das kann die Kommune aber nicht alleine stemmen, das geht nur mit der Unterstützung von Land und Bund.

Der aktuelle Koalitionsvertrag scheint uns da ja einiges in Aussicht zu stellen – zumindest auf den ersten Blick. So wird z. B. mit dem Bundesteilhabegesetz den Kommunen eine Entlastung von 5 Mrd. Euro versprochen. Unklar bleibt allerdings, wann genau der Geldsegen denn tatsächlich kommt. Selbst die 23 Mrd. Euro Mehrausgaben, die in Bildung und Kinderbetreuung oder die Städtebauförderung fließen sollen, sind im Finanzplan nicht vollständig gedeckt. Denn dort sind nur 15 Mrd. Euro Einnahmen vorgesehen.

Besonders enttäuschend für Dortmund ist die Tatsache, dass im Koalitionsvertrag die Finanzierung der Schulsozialarbeit mit keinem Wort erwähnt wird. Dabei hatte der Rat auch auf Initiative der GRÜNEN Fraktion mehrfach gefordert, diese notwendige Maßnahme dauerhaft zu finanzieren. Leidtragende sind die betroffenen Kinder, die Schulen sowie vor allem die Beschäftigten. Es ist nicht absehbar, wie wir in Dortmund ohne finanzielle Unterstützung des Bundes diese Aufgabe stemmen sollen. Es fehlen weiterhin klare Aussagen zur Unterstützung von Städten mit großen sozialen Problemen.

Wie hingegen versprochene Entlastungen finanziert werden sollen, darüber schweigen sich die Koalitionäre in Berlin wohlweislich aus. Denn Schwarz-Rot hat sich nicht getraut, unsinnige Ausgaben wie das Betreuungsgeld zu kürzen, deutlich Subventionen abzubauen oder auf der Einnahmenseite die Steuern für Spitzeneinkommen und große Vermögen zu erhöhen. Stattdessen bauen sie weiterhin auf eine sehr gute Konjunktur und historisch niedrige Zinsen. Das ist nicht nur eine unsichere, sondern auch gefährliche Wette auf die Zukunft.

Deshalb sind die Anstrengungen im eigenen Haus so entscheidend wichtig. Dem Haushalt 2014 hätten wir nur dann zustimmen können, wenn tatsächlich auch die von uns lang geforderten grundlegenden Strukturveränderungen vorgenommen würden, die mittel- und langfristig wirken. Denn nur dann können wir uns für die Zukunft wieder einen politischen Handlungsspielraum erarbeiten, mit dem wir in der Politik auch gestalten und nicht nur Mängel verwalten können.

Nur dann können wir GRÜNE Akzente setzen, die Stadt Dortmund im Sinne des notwendigen Klimawandels ökologisch weiterentwickeln und eine sozial gerechte Politik umsetzen.

Wir wollen deshalb den Einstieg in den Ausstieg aus dem hochdefizitären Flughafen. Jedes Jahr sorgt dieser Flughafen für rund 20 Mio. Euro Verluste, die den Dortmunder Stadtwerken bei der Finanzierung des ÖPNV sowie bei den Abführungen an den städtischen Haushalt fehlen. Wir wollen endlich wissen, welche finanziellen Auswirkungen ein Rückbau und letztlich eine Stilllegung des Flughafens haben. Und welche Möglichkeiten einer sinnvollen neuen Nutzung es geben kann. Wer aus einem Stahlwerk in Hörde einen Freizeitsee machen kann, sollte genug Fantasie aufbringen können, sich auch für das Flughafengelände etwas Neues auszudenken.

Stattdessen klammert sich die Ratsmehrheit von SPD, CDU und FDP aber wieder einmal an das Althergebrachte.

Zu den Verlusten aus dem Flughafen kommen bei den städtischen Töchtern die halbierten Dividendeneinnahmen aus den RWE-Aktien sowie krasse Fehlentscheidungen, wie die von der SPD seinerzeit beschlossene Beteiligung am Steinkohlegroßkraftwerk GEKKO, hinzu. Und ob sich der STEAG-Deal langfristig wirklich als das Erfolgsmodell entpuppt, als das er bislang gepriesen wird, bleibt angesichts der großen Unsicherheiten im Energiemarkt und auch der Schulden, die für den Kauf aufzunehmen sind, mehr als zweifelhaft. Da sind wir äußerst skeptisch!

Wir GRÜNE meinen, dass es sinnvoller gewesen wäre, diese Kredite für die 100-prozentige Kommunalisierung der DEW aufzunehmen. Dann hätten wir die Energieversorgung in den eigenen Händen. Das hätte uns den nötigen Handlungsspielraum für eine konsequente Energiewende und zur Umsetzung lokaler Klimaschutzmaßnahmen gesichert. Aber darüber ist das allerletzte Wort bekanntlich noch nicht gesprochen.

Kirchturmdenken bestimmt leider immer noch in vielen Fragen die Zusammenarbeit in der Region. Dabei wären durch eine Verstärkung der interkommunalen Zusammenarbeit im Ruhrgebiet auf allen möglichen Ebenen und durch den Abbau von Doppelstrukturen vielfach Einsparungen zu erzielen, ohne auf Qualität zu verzichten. Hierfür sollten endlich auch die steuerlichen Bedingungen erleichtert werden. Wir fordern deshalb die die Verwaltung auf, in allen Ämtern und Eigenbetrieben Möglichkeiten dafür aufzuzeigen.

Und natürlich müssen Personal- und Organisationsentwicklung konsequent und umgehend vorangetrieben werden. Das fordern wir schon seit mindestens 6 Jahren, aber das ist auch notwendig, denn es ist wenig passiert. Der Tanker hat eben immer noch nicht umgesteuert.

Diese Maßnahmen erfordern also einen langen Atem, bevor sie ihre Wirkung entfalten. Deshalb haben wir in unserem Haushaltsantrag auch kurzfristig wirkende Einsparungen vorgeschlagen, um schwerpunktmäßig soziale und ökologische Projekte voranzutreiben – wenn auch nur in kleinen Schritten angesichts der schwierigen Haushaltslage.

Denn uns ist z. B. die Jugendsozialarbeit wichtiger als der größte Weihnachtsbaum der Welt, der angesichts der hohen Umsätze, die auf dem Weihnachtsmarkt erzielt werden, auch ohne einen städtischen Zuschuss auskommen kann. Und auch ein erfolgreiches kommerzielles Festival wie RuhrHochDeutsch braucht keine städtischen Gelder.

Wir freuen uns, dass es im Rat eine Mehrheit für das Café Berta gibt. Dieses so wichtige Aufenthalts- und Beratungsangebot für alkoholkonsumierende Menschen bleibt also erhalten. Das begrüßen wir.

Leider gibt es jedoch für viele andere unserer Vorschläge keine Mehrheit. Sowohl eine Erhöhung des Zuschusses zur Unterstützung von Kitas für Kinder mit besonderem Bedarf, des Zuschusses für die Jugendsozialarbeit von dobeq/GrünBau als auch die Reservierung von Geldern für erste Maßnahmen eines Dortmunder Inklusionsplans wurden abgelehnt.

Außerdem hat sich keine Mehrheit dafür gefunden, den Bezirksvertretungen, die 2013 zur Sicherung des Haushalts auf ihre Mittel verzichten mussten, schon ab dem Jahr 2014 ihr Geld gestaffelt zurückzugeben. Damit bleiben die Bezirksvertretungen erneut der Sparstrumpf der Verwaltung, während sie kaum Spielraum für ihre Arbeit vor Ort haben und wichtige Maßnahmen der Bezirke erneut nicht umgesetzt werden.

Wenn wir jetzt einen Kassensturz machen, müssen wir feststellen, dass es auch 2013 wieder nicht gelungen ist, den kommunalen Haushalt zu konsolidieren. Im Gegenteil: Die Spielräume, die wir mit dem Beschluss zur Erhöhung der Gewerbesteuer eröffnet haben, sind nicht genutzt worden. Wir stehen schlechter da, als vor einem Jahr.

Daran können auch die Haushaltsanträge von SPD und CDU, die nun gemeinsam den Haushalt verabschieden werden, nichts ändern. Statt zumindest langfristig strukturelle Veränderungen anzugehen, erschöpft sich der SPD-Antrag in vagen Aussagen zur Verwendung eventueller zusätzlicher Finanzmittel (woher sollen die eigentlich kommen, bei diesem Haushaltsplan?), während der Haushaltsantrag der CDU bei genauer Betrachtung keine Lösungen für das schwierige Jahr 2014 vorsieht, sondern fast ausschließlich die Probleme in die Zukunft schiebt. Wir erinnern uns gut an die Argumentation der CDU im vergangenen Jahr – wie viel die jetzige Zustimmung zu einem deutlich kritischeren Haushalt mit den Geschehnissen auf Bundesebene zu tun hat, kann man nur vermuten. Hilfreich für Dortmund ist das jedenfalls nicht.

Als wir im vergangenen Jahr unseren Haushaltsantrag geschrieben haben, betrug der Abstand zur Fünfprozentgrenze 5 Mio. Euro. Und es war uns zu riskant, darauf einen Haushaltsplan aufzubauen. Selbst mit den dann am Ende erreichten knapp 30 Mio. konnten wir nur mit den gemeinsam beschlossenen Maßnahmen zustimmen. Das Ergebnis hat uns jedoch enttäuscht: An zu vielen Stellen wurde weitergemacht, wie bisher.

Da wir die für uns wichtigen sozialpolitischen Projekte nicht durchsetzen konnten und die Mehrheit dieses Rates auch weiterhin nicht bereit ist, Maßnahmen zu grundlegenden strukturellen Verbesserungen anzugehen, kann die GRÜNE Fraktion in diesem Jahr dem Haushalt nicht zustimmen.

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