Stadtsprecher Thomas Kampmann empfahl jüngst, im Winter das Fahrrad stehen zu lassen und stattdessen Busse und Bahnen zu nutzen. Das passt voll und ganz zur Auffassung der Stadtverwaltung zum Radverkehr: Das Land verleiht den Titel „Fahrrad-freundliche Stadt“, der Oberbürgermeisters fährt „Mit dem Rad zur Arbeit“, lässt beides fotografisch festhalten – und schon ist der Marketingauftrag erfüllt. Wer umweltfreundliche Mobilität ernst nimmt, kann da nur lachen.
Schauen wir auf einen der am stärksten befahrenen Radwege Dortmunds, von der Innenstadt über die Schnettgerbrücke zur Uni, und lachen gleich dreimal
Radfahrerinnen und Radfahrer erwarten zumindest auf solchen Hauptverbindungen geräumte und gestreute Wege. Während CO2-Schleudern auf vier Rädern sich auf gut gesalzenen Fahrbahnen fortbewegen können, sollen die gesundheitsbewussten Zweiradfahrer ab- und umsteigen – in einer Jahreszeit, in der „Öffis“ ohnehin überfüllt sind. Würden alle Radfahrerinnen und Radfahrer umsteigen, müssten DB Regio und DSW21 zusätzliche Fahrzeuge einsetzen. Den Kostenaufwand hätte letztlich die Stadt Dortmund zu tragen.
Schauen wir in die nahe Zukunft: Im Sommer 2013 wird der doppelte Abiturjahrgang entlassen und natürlich auch in die Dortmunder Universität drängen. Doch weder die öffentlichen Verkehrsmittel (S-Bahn, Stadtbahn, Bus) werden die zusätzlichen Studierendenzahlen transportieren können, noch sind ausreichend Parkplätze im Uni-Umfeld für Kfz vorhanden. Aus diesem Grund haben wir GRÜNE uns dafür eingesetzt, dass die vorhandenen Engstellen, Unebenheiten sowie Angsträume im Radverkehrsnetz zwischen Innenstadt und Universität beseitigt werden. Aber vielleicht arbeitet die Stadtspitze ja bereits an einem Konzept, die zusätzlichen Studierenden des kommenden doppelten Abiturjahrgangs in den Verwaltungsgebäuden der Innenstadt zu unterrichten.
Die Zick-zack-stop-and-go-<wbr></wbr>Verbindung zur Uni weist noch auf ein drittes Rad-Problem in Dortmund, ist sie doch Vorlaufstrecke des geplanten „Radschnellwegs Ruhr“. Von Ost nach West soll er die Ruhrgebietsstädte verbinden. Eben, asphaltiert, kreuzungsfrei und sechs Meter breit – da wird man mit vertretbarer Kraft als Pendler auch 15 Kilometer weit in die Pedalen treten können. Gut, dass das Bundesverkehrsministerium jetzt eine Machbarkeitsstudie für dieses Pilotprojekt finanziert. Damit ist der Radweg zwar noch nicht gebaut, aber das Projekt wird ernst genommen.
Stau-frei, zügig, sicher
Noch im letzten Jahr bremste die SPD mehr als dass sie schob. Während sich im Dezember 2011 das Verkehrsministerium des Landes NRW, der Regionalverband Ruhr und die Städte Duisburg, Mülheim an der Ruhr, Essen, Gelsenkirchen, Bochum, Dortmund, Hamm sowie der Kreis Unna in einer Erklärung ausdrücklich für die Realisierung des Radschnellwegs Ruhr stark gemacht haben, hatte der OB in Dortmund die Rechnung anscheinend ohne seine GenossInnen gemacht. Denn unmittelbar nach den ersten öffentlichen Kostenschätzungen fiel nicht nur die Dortmunder CDU um, sondern auch die SPD. Und unser Oberbürgermeister, der sich im Wahlkampf noch als überzeugter Radfahrer plakatieren ließ, setzte sich an die Spitze seiner autofreundlichen GenossInnen.
Interessant, dass ein Aufschrei zu Kosten immer dann erfolgt, wenn es nicht um schnelle Straßen für schnelle Autos geht. Beim Weiterbau der (höchst überflüssigen und ökologisch nicht vertretbaren) L 663n (OW IIIa) nördlich von Asseln und Wickede war das Kostenargument nicht zu hören. Solche Projekte forciert die Automobil-verliebte SPD mit Unterstützung der Oberbürgermeisters immer wieder gern.
Dagegen wäre das Radwegenetz auch im Kleinen zu verbessern: Zum Beispiel gibt es seit einiger Zeit weder eine Ost-West-Achse noch eine Nord-Süd-Achse durch die Innenstadt, die gut befahrbar ist ohne Fußgänger oder Fahrradfahrer zu gefährden. Besonders nachdem die Silberstraße mit dem Bau der Thier-Galerie – obwohl zugesagt – nicht offen blieb.
Masterplan (Rad-)Mobilität
Dabei gibt es in Dortmund seit 2004 den Masterplan Mobilität (mehr hier). Danach will die Stadt den Anteil des Radverkehrs am gesamten Verkehr in Dortmund bis 2015 von 6 auf 12 Prozent verdoppeln. 2006 war das Thema Radverkehr sogar ein ausgewiesener Arbeitsschwerpunkt der Verwaltung. Dortmund trat der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Städte und Gemeinden NRW (AGFS) bei, um das Fahrradklima in der Kommune zu stärken und den Radverkehrsanteil spürbar zu steigern.
Auch im Handlungsprogramm Klimaschutz 2020 der Stadt Dortmund (Seite 170 bis 174) will die Stadt Dortmund den Radverkehr stärken. Und das „Zukunftsbarometer Dortmund“, ein Verein GRÜNEN-naher Organisationen vom ADFC bis zum VCD, weiß ebenfalls viel Positives zu berichten: „Das Fahrrad ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel und das einzige Verkehrsmittel, das auch von Kindern selbstständig genutzt werden kann. Im Nahbereich bis 3,5 km ist es zudem das schnellste Verkehrsmittel. Von der Struktur her stellt Dortmund mit der Innenstadt und den Vorortzentren eine Stadt der kurzen Wege dar und es bietet sich somit die Förderung des Fahrradverkehrs an. Dadurch können verkehrsbedingte Emissionen vermieden sowie verkehrsbedingter Lärm und Flächenverbrauch vermindert werden, was zu einer Steigerung der Urbanität der Kommune führt.“
Was genau tut die Verwaltung?
Auch wir hoffen, dass immer mehr Menschen immer öfter in Dortmund Rad fahren. Was genau in Dortmund für den Radverkehr geplant wird, fragten wir nun die Verwaltung. Immerhin hat der Bund 2009 die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen erneuert, quasi den Baukasten für zeitgemäßen Radverkehr. Im Netz suchen wir diese vergebens (Stichwort: „46. StVO-Novelle“), aber man kann sie für 46,50 Euro (!) bestellen. Doch bestimmt nutzt die Verwaltung ihr Exemplar – und setzt um, was drin steht. Denn dann können auch wir bald einfacher zur Uni-Bibliothek radeln und dort die einzigen Dortmunder Exemplare einsehen.