Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bittet unter dem o.g. TOP um Beratung und Abstimmung der folgenden Anträge:
1) Der AKJF und der Rat stellen fest, dass die Bekämpfung von Armut und insbesondere von Kinderarmut ein vorrangiges Ziel der Dortmunder Stadtentwicklung ist und bleibt. AKJF und Rat bekennen sich dazu,
⦁ zur Bekämpfung von Kinderarmut insbesondere den Bereich der
⦁ Bildungsgerechtigkeit zu fördern und zu stärken,
⦁ die sehr unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen vieler Kinder zu
⦁ verbessern und anzugleichen,
⦁ dass hinsichtlich der Schaffung von Bildungsgerechtigkeit Ungleiches
⦁ ungleich behandelt werden muss,
⦁ dass deshalb vorhandene Gelder und Ressourcen effektiver an den Stellen
⦁ gebündelt werden müssen, an denen sie benötigt werden.
Die Verwaltung wird aufgefordert, in Kooperation mit dem Land ein effektives Messinstrument zur Steuerung der Bildungsressourcen zu entwickeln und zu erarbeiten, um der oben genannten Zielsetzung gerecht zu werden.
Begründung:
In Dortmund ist jedes dritte Kind unter 15 Jahren von Armut betroffen oder von Armut bedroht (Bericht zur sozialen Lage). Es gilt, diesen Zustand nachhaltig zu verändern. Dazu ist es unter anderem notwendig, den vorhandenen Zusammenhang zwischen Armut und Bildungsungerechtigkeit aufzubrechen. Momentan werden Stellen an Schulen landesweit aufgrund des sogenannten Kreissozialindexes zugewiesen. Mit ihm werden die Schülerzahlen der öffentlichen Grund- und Hauptschulen gewichtet, um die auf die Grundschulen und Hauptschulen entfallenden zusätzlichen Stellen gegen Unterrichtsausfall, für Vertretungsaufgaben und für besondere Förderaufgaben zuzuweisen. Dieser Index reicht als Instrument nicht aus, um die Zuweisung von Stellen unter der Zielsetzung von Bildungsgerechtigkeit effektiv zu steuern.
2) AKJF und Rat fordern die Bundesregierung auf, eine eigenständige Kindergrundsicherung zu schaffen.
Begründung:
Die staatliche Kinder- und Familienförderung ist trotz ihrer Vielzahl an Leistungen weder gerecht noch wirksam. Die Kinderregelsätze im Hartz IV-System sind zu niedrig, als dass Kinder damit gut aufwachsen können. Der Kinderzuschlag für Familien mit geringem Einkommen oder das Bildungs- und Teilhabepaket kommen bei vielen Kindern überhaupt nicht an, obwohl sie einen Anspruch auf diese Leistung haben. Der bestehende Leistungsdschungel für Familien ist unübersichtlich und intransparent. Eine eigenständige (und je nach Einkommen angemessene) Kindergrundsicherung bündelt vorhandene Leistungen und zahlt sie unbürokratisch aus. Eine eigenständige Kindergrundsicherung würde auch in Dortmund das Leben vieler Kinder und ihre Familien verbessern. Mittel- und langfristig würde sich das auch durch eine eventuell mögliche Verringerung anderer Unterstützungsleistungen positiv auf den städtischen Haushalt auswirken.
3) Für den Fachdienst Streetwork wird in Vorgriff auf die Schaffung eines gesamtstädtischen Streetwork-Konzepts eine zusätzliche Stelle geschaffen. Im Haushalt sind dafür jährlich 70.000 Euro zu veranschlagen.
Begründung:
Momentan werden ca. 300 Jugendliche und junge Erwachsene durch den zentralen Fachdienst Streetwork betreut. Die Zahlen und der Bedarf steigen. Das Angebot wird überwiegend von jungen Menschen im Alter von 14-27 Jahren in Anspruch genommen, die keinen festen Wohnsitz haben. In den letzten Monaten gab es sogar wiederholt Kontakt zu wohnungslosen Jugendlichen im Alter von 12 bis 13 Jahren. Insgesamt gab es 2018 insgesamt 11774 Beratungs-, Betreuungs- und Besucher*innenkontakte. 2019 lag die Zahl bis zum 31. August bereits bei 10079.
Hinsichtlich der Betreuung spielen insbesondere das Gebiet rund um den Hauptbahnhof sowie die sogenannte Überlebenshilfe Leopoldstraße 22 eine Rolle. Das sind nach derzeitigem Kenntnisstand die zentralen Aufenthaltsräume der Zielgruppe. Laut Aussage der Verwaltung arbeitet das Team Streetwork mit drei Personen mit insgesamt 97,24 Stunden. Eine notwendige Ausweitung des bestehenden Angebots vor allem in den Abendstunden wird von verschiedenen Seiten befürwortet. Die Ausweitung der Öffnungs- und Angebotszeiten ist jedoch mit der aktuellen Personalbesetzung nicht leistbar.
Das bis 2021 laufende Projekt „Rampe II“ im Stadtbezirk Hörde, das sich als Projekt der aufsuchenden Jugendarbeit insbesondere an Jugendliche im Stadtteil richtet, die durch soziale Probleme in ihrer Entwicklung gefährdet sind, soll anschließend in ein gesamtstädtisches Streetwork-Konzept übergehen. In Vorgriff auf dieses Konzept ist schon jetzt eine zusätzliche Streetwork-Stelle notwendig.
4) Die Zuwendungen an die Familien- und Erziehungsberatungsstellen der freien Träger werden erhöht. Durch die Erhöhung sollen mindestens die jährlich steigenden Personalkosten gedeckt werden.
Begründung:
In Dortmund gibt es zwölf Familien- und Erziehungsberatungsstellen, vier befinden sich in freier Trägerschaft. Der aktuell vorgelegte Jahresbericht zeigt, dass es nach wie vor einen hohen und wachsenden Beratungsbedarf gibt. Gleichzeitig gibt es für die Träger einen zusätzlichen finanziellen Förderbedarf aufgrund steigender (Personal-) Kosten bei gleichzeitiger Stagnation der Zuwendungen. Ohne zusätzliche Zuschüsse kann die vorhandene Struktur nicht aufrechterhalten werden.
5) Die Verwaltung erarbeitet ein Konzept „Sozialarbeit in Kindertages-einrichtungen“. Die Erfahrungen des bisherigen Modellprojekts in der Nordstadt fließen dabei ein. Für die Erarbeitung des Konzepts werden 2020 50.000 Euro zur Verfügung gestellt. Ab 2021 werden vier Stellen zur Umsetzung der Kita-Sozialarbeit geschaffen.
Begründung:
Kita-Sozialarbeit ist im Rahmen kommunaler Präventionsketten ein Unterstützungsangebot für Familien mit Kindern von der Geburt bis zum Schuleintritt. Im Sinne eines vorausschauenden, präventiv ausgerichteten Angebots ist es notwendig, insbesondere Kinder und Familien in besonders benachteiligten Quartieren frühzeitig zu erreichen und zu begleiten. Das Projekt „Kita-Sozialarbeit“ kann effektiv dazu beitragen, Kindern schon im Kindergartenalltag gute Teilhabeperspektiven zu bieten. Konkrete Ziele sind unter anderem:
• Förderung der personalen und sozialen Entwicklung von Kindern
• Beteiligung von Kindern sozialbenachteiligter und armutsbetroffener Familien
• Aufbau und Sicherung gesundheitsfördernder Strukturen
• Förderung und Stärkung der Kompetenzen von Kindern und ihren Familien
• Familiäre und soziale Notlagen frühzeitig erkennen und bearbeiten
• Sensibilisierung der Eltern für die Entwicklungsbedürfnisse der Kinder
• Positive Gestaltung der sozialräumlichen Lebens- und Umweltbedingungen
Seit August 2018 läuft in der Nordstadt ein Modelprojekt, gefördert vom ESF und der Stadt. Im Rahmen des Projekts werden 4 x 0,5 Stellen in vier Kitas (DKSB, AWO und 2 x FABIDO finanziert. Das Projekt läuft definitiv Ende 2020 aus.