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Thema:  Soziales Newsletter

Dem Straßenstrich in der Nordstadt helfen keine starken Sprüche

Die langweilige Geschichte von der mühsamen Arbeit

Freitag, 4. Februar 2011

Kriminalität, Prostitution, Katastrophenhäuser: Nur zu gern rufen manche nach dem starken Mann, der in der Nordstadt mal so richtig durchgreift und aufräumt. 

Wer den Menschen helfen will, begibt sich in die Untiefen verzweifelter Lebensbedingungen. Dabei würde sich die Lage der Prostituierten vom Straßenstrich der Ravensberger Straße schon verbessern, wenn die beschlossenen und ein paar weitere Maßnahmen auch konsequent umgesetzt werden. Soziale Arbeit und Ordnungspolitik sind mühsam und langwierig, aber den Menschen angemessen. Nur äußerst selten ergeben sich dabei so spektakuläre Ereignisse wie die Räumungen von zwei Wohnhäusern in dieser und der letzten Woche.

Dabei stießen Polizei und Stadtverwaltung in der Münsterstraße 255 auf katastrophale Zustände: Zwei Etagen mit je neun Zimmern, für zusammen mindestens 40 Menschen – und eine einzige, verdreckte Toilette. Verkotete Duschen, tote Ratten, gefrorener Urin im ganzen Treppenhaus. Wer sich mehr zumuten mag, lese die Pressemitteilung der Stadt. 

Ein Woche zuvor räumte die Polizei schon das Haus Mallinckrodtstraße 54.Wie es dazu kam? Hatte der OB, der die Nordstadt zur langen Liste seiner Chefsachen hinzufügte, gleich hart durchgegriffen: „Jungs, jetzt räumen wir da mal auf! Nehmt gleich eine Hundertschaft mit“? 

Weit gefehlt. Die Einsätze sind ein erstes Ergebnis einer Koordinierungsstelle, die der GRÜNE Ordnungsdezernent Wilhelm Steitz im Ordnungsamt eingerichtet hat und die Erkenntnisse von Ordnungsamt, Planungs- und Bauordnungsamt, Wohnungsamt und Gesundheitsamt sowie Polizei und der EDG (!) zusammenführt. Dahinter steht unter anderem das Bemühen, die Lebensbedingungen der Bulgarinnen auf dem Straßenstrich an der Ravensberger Straße zu verbessern – zum Beispiel, indem man die ausbeuterische Vermietungspraxis einiger Hausbesitzer unterbindet. 

Wer sind diese Frauen?

"Derwesten.de" beschrieb ihre Situation in Dortmund, der "Stern" die Situation in Bulgarien, "Unsere Kirche" berichtet von Besuchen und Gegenbesuchen der Mitternachtsmission in Bulgarien. So schrecklich ihr Leben ist, die "Bild"-Zeitung macht sogar daraus noch eine Sozialschmarotzer-Story. 

Sie kommen aus dem Roma-Viertel (oder besser: Ghetto?) Stolipinowo (Fotos), einem Vorort von Ploidiw, zweitgrößter Stadt in Bulgarien. Sie gehören der Volksgruppe der Roma an und nur wenige Menschen verstehen oder sprechen ihren Dialekt. Sie haben keine Schulbildung, keine Arbeit, keine Zukunft. Sie wohnen in verfallenden Plattenbauten mit katastrophalen sanitären Verhältnissen. Sie kommen nach Dortmund in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Sie landen in der Ravensberger Straße und den jetzt geräumten Häusern. Und aus den Schilderungen aus Bulgarien gewinnt man den Eindruck, das sie es hier fast besser haben. 

Auch das von der Verwaltung vorgelegte „Integrierte Stufenkonzept für die Nordstadt“ kennt ihre Situation und entwickelt eine ganze Reihe von Handlungsschritten. Im Juli vergangenen Jahres beschloss es der Rat beinahe einstimmig und richtete begleitend eine Projektgruppe ein. Doch diese interfraktionelle Arbeitsgruppe tagte in den sechs Monaten seit damals erst einmal. 

Nun gut. Der Wille ist da. Taten sollten zügig folgen. Wenn man die Arbeitsbedingungen der Frauen auf dem Straßenstrich der Ravensberger Straße verbessert, greift die Prostitution nicht in die Wohnbereiche und der Sperrbezirk über. Dazu gehören

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    eine rund um die Uhr benutzbare Toilettenanlage, Waschmöglichkeiten und Umkleidemöglichkeiten und

     
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    eine Schrankenanlage an der Einfahrt (und vielleicht auch an der Ausfahrt) der so genannten Verrichtungsboxen, um die Freier und nicht die Frauen finanziell zu belasten. Im Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit Ende des letzten Jahres erläuterten Verwaltung, Mitternachtsmission und KOBER ausführlich ihre Einschätzungen zu Schranken oder Sexsteuer

     

Die GRÜNEN im Rat regen darüber hinaus an zu prüfen, 

  •  

    ob durch die von SPD und CDU beschlossene Sexsteuer Prostituierte in die Wohnbereiche der Nordstadt verdrängt 

     
  •  

    und ob die Ziele von der Einführung der Ravensberger Straße im Jahr 2005 – bessere Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeit auf die Straßenprostitution, Schutz der umliegenden Wohnbebauung vor einer Ausweitung der Verrichtung sowie Erhöhung der Sicherheit für die Prostituierten – am jetzigen Standort noch erreicht werden können. Polizei und die Prostituierten-Beratungsstelle KOBER sind die richtigen Partner für diese Frage.

     

Fazit

Große Worte zu Recht, Ordnung und konsequentem Durchgreifen in der Nordstadt sind in Mode bei SPD und CDU. Dass Ordnungsdezernent Wilhelm Steitz die ordnungspolitischen Instrumente bündelte und deshalb die Vermieter und Eigentümer gezwungen werden, Problemhäuser bis zur Herstellung menschenwürdiger Wohnbedingungen leer zu ziehen, heftet man sich nur zu gern selbst an die Brust - und unterschlägt dabei, dass der GRÜNE Ordnungsdezernent die entscheidenden Schritte eingeleitet und umgesetzt hat.

Wer der Nordstadt wirklich helfen will, versetzt sich in die Lage der Schwächsten und verbessert deren Lage.

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