Schwere Vorwürfe gegen die Verwaltung erheben die GRÜNEN im Rat hinsichtlich der momentanen Situation an der Ravensberger Straße. Bereits seit vier Wochen müssen die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle KOBER nach dem Abriss des alten Containers in einem Wohnmobil arbeiten – mit zum Teil dramatischen Folgen. Es ist zu befürchten, dass diese Situation noch Wochen andauern wird, weil der neue Container noch nicht geliefert werden kann. Die GRÜNEN fordern daher eine schnelle Zwischenlösung als Ersatz für das vollkommen unzureichende Wohnmobil.
Mario Krüger, Fraktionssprecher und OB-Kandidat der GRÜNEN:
“Das ist eine verheerende Planung – für die Mitarbeiterinnen von KOBER, für die betroffenen Frauen und für die gesamte Nordstadt. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass nach dem Abriss des alten Containers die bisherigen Kontakte und die Vertrauensbasis zu den an der Ravensberger Straße arbeitenden Prostituierten dramatisch schwinden. Seit Jahren drängen wir als GRÜNE darauf, dass sich die Arbeitsbedingungen für die Frauen der Beratungsstelle verbessern. Seit Jahren gibt es einen Vertrag der Stadt mit der Firma Berke, dass bei der Errichtung eines Gewerbeparks an der Bornstraße neue Sozialräume für KOBER zu schaffen sind. Seit Jahren hatte man also in der Planungs-, Liegenschaften- und Sozialverwaltung Zeit, sich auf diesen Moment vorzubereiten. Und jetzt das. Es ist vollkommen unverständlich, warum der alte Container abgerissen werden konnte, bevor der neue aufgestellt worden ist. Das wäre problemlos gegangen, weil die neuen Räumlichkeiten an einer anderen Stelle stehen sollen. Das Wohnmobil, in dem die Mitarbeiterinnen von KOBER stattdessen zurzeit arbeiten müssen, reicht für eine sachgemäße Arbeit vorne und hinten nicht aus. Nach unseren Informationen sollen die neuen Räumlichkeiten erst in 6-8 Wochen erstellt werden. Wenn das nicht beschleunigt werden kann, dann müssen anstelle des Wohnmobils schnell eine bessere und größere Zwischenlösung sowie zusätzliche Toiletten her.“
Seit dem Abriss des alten Containers hat sich nach Auskunft von KOBER die Arbeitssituation dramatisch verschlechtert. Während es vorher etwa 70 Frauen pro Abend waren, die die Beratungsstelle aufgesucht haben, sind es jetzt nur jetzt 20-30. Bei schlechtem Wetter ist die Ausgabe von Präventionsmaterialien nur aus der Wohnmobiltür möglich, da es viel zu wenig Platz im Innenraum gibt. Ein wirkliche Beratung und Einzelgespräche mit den Frauen sind so nicht mehr möglich. Dazu kommt, dass durch das Wohnmobil die Beratungsstelle nicht mehr als solche zu erkennen ist. Das führt dazu, dass viele Freier auch bei KOBER nach sexuellen Dienstleistungen nachfragen. Viele der Freier fühlen sich zunehmend unbeobachtet und benehmen sich dementsprechend.
Birgit Unger, Ratsmitglied der GRÜNEN und Vorsitzende des Sozialausschusses: „Damit stehen die Erfolge der hervorragenden langjährigen Arbeit von KOBER auf dem Spiel. Bei vielen der an der Ravensberger Straße anschaffenden Frauen geht durch diese Situation eine langfristig aufgebaute Vertrauensbasis verloren. Wenn KOBER die Frauen nicht mehr erreicht, ist zu befürchten, dass sich zusätzlich Frauen außerhalb der Ravensberger Straße in der Nordstadt prostituieren werden. Genau das muss aber verhindert werden. Dazu kommt, dass in der jüngeren Vergangenheit vermehrt Frauen aus Osteuropa auf der Ravensberger Straße arbeiten. Viele von ihnen kommen häufig schon in einem desolaten Gesundheitszustand hier an und sind sehr unaufgeklärt über Krankheiten, riskantes Arbeiten oder Schwangerschaftsverhütung. Gerade der Kontakt zu diesen Frauen und ihre Beratung sind schwierig. Dafür braucht man erst recht vernünftige Arbeitsbedingungen. Der Sozialdezernent hat sich in der Sitzung des Sozialausschusses im April von der Frage der neuen Räumlichkeiten nichts angenommen und darauf verwiesen, das der Vertrag mit der Firma Berke von anderen Dienststellen gemacht worden ist. Darauf kann er sich aus unserer Sicht nicht zurückziehen. Denn wenn die Situation an der Ravensberger Straße kippt, dann wird er sich zwangsläufig mit den Auswirkungen befassen müssen. Deshalb muss es auch im Interesse des Sozialdezernates sein, dass sich die Beratungsmöglichkeiten schnell verbessern.“