Still und leise hat sich in dieser Woche die Atomkatastrophe von Tschernobyl gejährt. Gelernt wurde daraus offenbar wenig – auch wenn Deutschland den Ausstieg beschlossen hat. Obwohl wir seit dem „Super-GAU“ vor 31 Jahren wissen, dass die gefährliche Strahlung keine Ländergrenzen kennt, werden Pannenreaktoren in Belgien weiterbetrieben. Für den Katastrophenfall hat die Stadt 485.000 Jodtabletten bevorratet. Doch klar ist: Der beste Schutz vor Strahlung ist Abschalten. Gut, dass Dortmund sich auf GRÜNE Initiative hin an der von mehr als 100 Kommunen unterstützten Klage der StädteRegion Aachen gegen den Weiterbetrieb von Tihange beteiligt.
Die Gefahr ist allgegenwärtig – auch in Dortmund
Auch am 31sten Jahrestag der atomaren Katastrophe von Tschernobyl und sechs Jahre nach Fukushima sind die Gefahren eines atomaren Unfalls bei uns noch lange nicht gebannt. Im Gegenteil: Noch immer sind aktuell acht deutsche Atomkraftwerke in Betrieb. Die letzten werden erst 2022 vom Netz gehen. Und nur wenige hundert Kilometer von uns entfernt laufen die belgischen Atomkraftwerke Tihange 3 und Doel 2, die immer wieder Sicherheitsmängel aufgewiesen haben. Fast monatlich gibt es dort Störfälle, tausende Risse im Reaktordruckbehälter stellen eine Gefahr auch für große Teile Deutschlands dar, so dass sich viele Initiativen gegen den Weiterbetrieb gegründet haben. Auch Dortmund wäre von einem atomaren Unfall betroffen. Zudem grenzt die ursprüngliche 100-Kilometer Sicherheitszone des bis 2035 rückgebauten Atomkraftwerks Lingen an die nördlichen Dortmunder Vororte.
Ist der Katastrophenschutz optimal?
Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung trotz der massiven Sicherheitsbedenken weiterhin deutsche Brennelemente für den Reaktor in Tihange liefert. Und das, obwohl die Gefahr einer atomaren Katastrophe auch von offizieller Seite gesehen wird. Denn das zeigt die Tatsache, dass die Stadt für diesen Fall 485.000 Jodtabletten bereithält. Diese sind der Stadt im November zugegangen und werden jetzt in der Apotheke der Städtischen Kliniken eingelagert. Im Einsatzfall würden Tabletten vor allem an Schwangere und Kinder verteilt werden. Personen über 45 Jahre bekommen keine Tabletten. Wir möchten wissen, warum laut Stadt die Nebenwirkungen höher als deren Nutzen sind und welche anderen Maßnahmen für diese Bevölkerungsgruppe angedacht sind. Auch über die Frage der Verteilung der Tabletten im Notfall sollte es Informationen geben. In einer Anfrage werden wir GRÜNE im nächsten Ausschuss für Bürgerdienste erfragen, wie die Stadt konkret die Bürger*innen schützen will. Denn Katastrophenabwehr braucht realistische Planung.
Das störanfällige AKW Tihange geht auch uns an – GRÜNE Initiative im Rat
Gegen den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke Tihange und Doel gibt es nicht nur in Belgien, sondern auch in den Niederlanden und in Deutschland erheblichen Widerstand. Bei einem Störfall austretende Radioaktivität würde auch nach Deutschland getragen. Kraftwerksunglücke wie in Fukushima und in Tschernobyl dürfen sich nicht wiederholen. Auf GRÜNE Initiative hin hatte der Rat deshalb im März 2016 – gegen die Stimmen von CDU und FDP – den Beschluss gefasst, eine Klage der StädteRegion Aachen gegen den Weiterbetrieb der maroden belgischen Atomkraftwerke zu unterstützen. Erfreulich, dass ein Jahr später dafür nun im Rat ein Solidarbeitrag von 1000 Euro beschlossen wurde.
Der beste Schutz: Abschalten
Im Fall einer tatsächlichen atomaren Katastrophe ist zwar der Einsatz von Jodtabletten für eine sogenannte „Jodblockade“ vorgesehen. Er ist trotzdem lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein, denn die bekannten Auswirkungen nuklearer Strahlung sind verheerend und mit Jod allein nicht zu verringern. Die rechtzeitige Einnahme hilft nur gegen eine massive Anreicherung radioaktiven Jods in der Schilddrüse. Dies reduziert die Wahrscheinlichkeit des späteren Auftretens von Schilddrüsenkrebs. Bei Aufenthalt im Freien nimmt man im Katastrophenfall aber noch eine hohe Dosis anderer Radionuklide auf. "Strahlenschutz-Tabletten", die gegen radioaktive Strahlung aller Nuklide insgesamt schützen, gibt es nicht.
Letztendlich muss festgehalten werden: Nur das schnellstmögliche Abschalten der noch laufenden Atomkraftwerke verhindert den Gau!